Hohenlimburg. .

Wenn ein Pastor eine Segelfreizeit mit 31 Jugendlichen betreut, dann ist das für ihn purer Stress, möchte man meinen. Doch Pfarrer Johannes Bevers bewertet die sieben Tage, die er gemeinsam mit den 14- bis 17-Jährigen auf dem Plattbodenschiff „Antoinette“ verlebte, ganz anders: „Auch mir hat das viel gebracht. Ich habe sehr viel Dankbarkeit erfahren.“

Die „Fünf-Nationen-Freizeit“ nennt der Geistliche die Reise scherzhaft: „Ungarn aus Rumänien sind zusammen mit Deutschen in den Niederlanden und sprechen Englisch.“ Denn bei den 17 jungen Leuten, die mit Pastor Laszlo Veress zwölf Tage bei der evangelisch-lutherischen Gemeinde Hohenlimburg zu Gast waren, handelte es sich um Mitglieder der ungarischen Minderheit im rumänischen Siebenbürgen. Die Kontakte in diese Region hatte Bevers bereits vor 33 Jahren geknüpft, als er beim Studium Istvan Pastori-Kupan kennenlernte, der den Hohenlimburger unlängst mit seinem Kollegen Laszlo Veress bekannt machte – der Grundstein für eine intensive diakonische Zusammenarbeit war gelegt.

Zweieinhalb Jahre Geld gesammelt

Allerdings ist es alles andere als billig, eine solche Gruppe einzuladen und auf große Fahrt zu gehen. Kosten von 16.800 Euro kamen auf die Hohenlimburger zu, 4400 Euro davon wurden durch Teilnehmerbeiträge und Zuschüsse finanziert. Seit 2011 gab es deshalb in der Kreuzkapelle, dem Paul-Gerhardt-Haus und der Elseyer Kirche regelmäßig eine Diakonie-Kollekte, dank derer die verbleibenden 12.400 Euro schließlich zusammenkamen.

Dass es sich um eine lohnende Investition handelt, ist sich Pastor Bevers sicher – denn die gemeinsamen Tage bedeuteten sowohl für die 17 jugendlichen Gäste als auch für die jungen Hohenlimburger weit mehr als einen gewöhnlichen Urlaub. Ganz bewusst habe man dabei den Kontakt nach Rumänien gesucht – einem von Korruption und Problemen gezeichneten Land. Viele Menschen wanderten dort aus, doch das – so Bevers – könne keine Lösung sein. „Unsere Gäste wollen ihre Heimat in Siebenbürgen nicht aufgeben. Und wir wollen ihnen helfen, dort etwas aufbauen.“

Für die ungarnstämmigen Rumänen seien die zwölf Tage in Deutschland und Holland ohnehin eine unvergessliche Erfahrung gewesen. „Sie sind zum ersten Mal geflogen, waren erstmals im Ausland und haben zum ersten Mal das Meer gesehen. Ihnen standen Augen und Ohren offen.“ Natürlich spielte der Spaß bei dem Törn auf Ijssel- und Wattenmeer eine große Rolle. Aber Schwimmen und Sonnenbaden waren längst nicht alles: Auch über Missstände, Korruption und einen möglichen Aufbruch in der Heimat wurde gesprochen.

Sehnsucht nach offener Welt

„Die jungen Menschen sehnen sich nach einer offenen Welt“, sagt Johannes Bevers. Wobei ihnen sehr wohl bewusst sei, dass auch im Westen längst nicht alles eitel Sonnenschein ist: „Sie wussten zum Beispiel von rumänischen Frauen, die sich in Deutschland prostituieren.“

Was den Jugendlichen die Reise bedeutete, verdeutlichte Pastor Veress in einer E-Mail an seinen Hohenlimburger Amtskollegen: „Wir werden diese Tage nie vergessen. Wir sind sehr dankbar für die Liebe, die wir bei euch erlebt haben.“

Übrigens wollte Pfarrer Bevers ob seines Alters künftig nicht mehr mit Jugendlichen auf Segeltour gehen. Doch die aktuellen Erfahrungen haben ihn ins Grübeln gebracht. „Vielleicht war es ja doch nicht das letzte Mal“, sagt er lächelnd.