Dortmund. .
Anna-Luise Pondel feierte am 30. März ihren Hundertsten – bei bester Gesundheit. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur blieb der alten Dame ein bisschen die Luft weg, als sie am Mittwoch die Post ihrer Krankenversicherung öffnete – mit der Bitte an die Hundertjährige, sie möge überlegen, Organspenderin zu werden. Da wunderte sich die Hochbetagte dann doch ein wenig.
„Das hat alles seine Richtigkeit“, sagt Brunhilde Großheim von der AOK. So wie sämtliche Krankenversicherer, wurde die Allgemeine Ortskrankenkasse vom Gesetzgeber verpflichtet, ihre Versicherten ab dem 16. Lebensjahr zu informieren und nach ihrer Organspende-Bereitschaft zu befragen. „Der Gesetzgeber hat keine Einschränkungen gemacht“, sagt dazu Dortmunds AOK-Vertriebsleiter Johannes Löhr.
Kollegin Großheim aus dem Marketing lässt Strichlisten erstellen über die täglichen Anrufe von Versicherten, die glauben, sie könnten nicht gemeint sein. Am 26. Juni hatte die örtliche AOK 50 000 Versicherte in ihrem Einzugsgebiet Dortmund, Bochum und Herne angeschrieben. Allein am Mittwoch riefen 35 Adressaten oder ihre Angehörigen an. Sie seien zu alt für eine Organspende, zu chronisch krank oder zu behindert. Nicht nach dem Gesetz. Selbst ein HIV-Infizierter könnte für einen anderen HIV-Infizierten Spender sein, wenn der Empfänger damit noch fünf Jahre leben könne, sagt Brunhilde Großheim. „Das sind alles Einzelfallentscheidungen nach gründlichster Untersuchung“, ergänzt sie und weist auf die Möglichkeit hin, sich ja auch gegen eine Organspende entscheiden zu können. Bringt es medizinisch überhaupt etwas, ein hundert Jahre altes Herz oder eine Niere zu verpflanzen, wenn beim Spender der Hirntod eingetreten ist?
Beim Herzen bleibt Dr. Clemens Kelbel sehr skeptisch, bei einer Niere mit noch guter Leistung nicht. Der Chefarzt des Lungenzentrums am Knappschaftskrankenhaus hat auch Transplantationsmedizin studiert. Für ihn macht das Programm „old for old“, also alte Organe für alte Patienten, durchaus Sinn, jedenfalls solange in Deutschland Organmangel herrsche.
Im Fall von Blutspenden gelten übrigens viele Ausschlusskriterien, wie die Nachfrage im Klinikum ergab. Sogar lebenslang ausgeschlossen sind homosexuelle Männer, HIV-Infizierte, Diabetiker, Tumorerkrankte und Menschen, die Rheumamittel nehmen müssen. Ein Alter über 60 wird bei Erstspendern schon kritisch gesehen.