Vorhalle.. In die neue AWo-Drogenklinik Vorhalle sind die ersten Patienten eingezogen. Anwohner machen sich Sorgen.

Monatelang hatte Helga Radau (70) die neue Suchtklinik in der Wortherbruchstraße emporwachsen sehen. Wer dort therapiert und wann das Haus eröffnet werden sollte, war ihr freilich nicht bekannt.

Deshalb kam es der Vorhallerin spanisch vor, als vor zwei Wochen plötzlich Patienten und Personal dort ein- und ausspazierten: „Ich würde gern wissen, wer in meiner Nachbarschaft wohnt. Angeblich sind ja Straftäter darunter. Wir Anwohner werden darüber leider nicht aufgeklärt.“

Tatsächlich hat die Arbeiterwohlfahrt die Klinik, von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, bereits in Betrieb genommen. Gut 25 Patienten werden dort seit Anfang Juli therapiert – Menschen, die drogenabhängig sind und von ihrer Sucht loskommen wollen. Und um es gleich zu sagen: Menschen, die – vom illegalen Drogenkonsum abgesehen – keine kriminelle Karriere hinter sich haben.

Offizielle Eröffnung im September

Was aber nichts an der Tatsache ändert, dass die Öffentlichkeitsarbeit der Awo, sagen wir mal: suboptimal war. „Anfangs dachte, ich, da entsteht ein Altenheim. Und jetzt ist von einer Drogenklinik die Rede. Wir machen uns große Sorgen“, so Ursula Schwarz (73), die wie Helga Radau in der benachbarten Hartmannstraße wohnt.

Die Arbeiterwohlfahrt hätte sich natürlich auch eine bessere Kommunikation gewünscht. Durch den harten Winter und eine dadurch bedingte zweimonatige Bauverzögerung sei man unter Druck geraten, so Uwe Feldhaus, stellvertretender Geschäftsführer des AWo-Unterbezirks Hagen: „Eigentlich wollten wir schon im Mai eröffnen.“

Durch den Stress geriet die Information der Öffentlichkeit ins Hintertreffen, soll aber nachgeholt werden, versicherte Vorstandschefin Renate Drewke: „Zur offiziellen Eröffnung im September laden wir auch die Nachbarschaft ein. Das Haus soll ja keine Insel, sondern im Stadtteil integriert sein. Schließlich bewegen sich die Patienten täglich in der Umgebung.“

Fortführung des Therapiezentrums

Die neue Klinik ist – in größerem Rahmen – die Fortführung des veralteten Therapiezentrums in der Vorhaller Straße, das die AWo auf Anweisung der Deutschen Rentenversicherung schließen musste. Dass in Vorhalle drogenabhängige Menschen therapiert werden, ist also nicht neu. Die neue Klinik verfügt über 66 Plätze, manche Patienten leben rund um die Uhr im Haus, andere gehen abends nach Hause.

Allen gemeinsam ist, dass sie einmal gearbeitet haben und die Behandlung ihnen die Rückkehr ins Berufsleben ermöglichen soll. Die körperliche Entgiftung haben sie schon hinter sich gebracht, wenn sie in Vorhalle ankommen: „Wir behandeln vor allem die psychische Abhängigkeit von der Droge“, so Christian Hülsebusch, der als Suchttherapeut in der Klinik tätig ist. In der „adaptiven Phase“ der Therapie stehen Praktika in Hagener Betrieben auf der Tagesordnung, zudem verfügt die Klinik über eine Werkstatt und Rehasportgeräte.

Tag der offenen Tür geplant

Unter den Patienten – Männer sind klar in der Überzahl – befinden sich nicht wenige Hagener, zu den Drogen, von denen sie loskommen wollen, gehören Heroin und Kokain ebenso wie Cannabis, Amphetamine und Partydrogen. Häufig steckt ein Trauma – ausgelöst durch in der Kindheit erlebte Gewalt – hinter der Sucht, aber auch Soldaten der Bundeswehr, die im Auslandseinsatz Massengräber ausgehoben oder ähnlich Schreckliches erlebt haben, werden in Vorhalle behandelt.

Für alle, die mehr wissen wollen, wird es nach den Sommerferien einen Tag der offenen Tür geben. Denn der AWo ist sehr daran gelegen, den Eindruck, sie betreibe mit der Klinik Geheimniskrämerei, zu korrigieren.