Hagen. .
Braucht Hagen eigentlich eine Musikschule, die mit Steuergeldern unterstützt wird? Dieser Frage widmete sich eine Podiums-Diskussion, die im Zuge der Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Max-Reger-Musikschule stattfand. Vier Experten debattierten über die Zukunft der Musikschulen und über aktuelle Entwicklungen in Kultur und Erziehung.
Erfolgreiche Absolventen
Geladen waren nicht nur Ulrike Dittmar-Dretzler, Leiterin der Musikschule Herdecke, und Martin Schreckenschläger, der Fördervereinsvorsitzende der Musikschule Witten, sondern auch zwei Hagener „Erfolgsexemplare“: Prof. Ulrich Walther (33) ist Organist und Professor an der Grazer Kunstuniversität. Fabian Liesenfeld (29) dirigiert mittlerweile am Theater Osnabrück. Beide haben ihre ersten musikalischen Gehversuche an der Max-Reger-Musikschule in Hagen gemacht. Ein Ort, der sich heute immer wieder der Frage stellen muss, ob man ihn sich in einer klammen Stadt wie Hagen noch leisten möchte.
Fördervereinsvorsitzender Martin Schreckenschläger beantwortet diesen Punkt mit Blick auf die Familien: „Viele Elternhäuser wären überfordert, wenn sie teure Privatstunden zahlen müssten.“ Doch nicht nur in dieser Hinsicht biete eine Musikschule Vorteile. „Man kann dort auch über den Tellerrand schauen“, meint Ulrike Dittmar-Dretzler, „und sehen, was es noch für Instrumente gibt. Meine Vision einer modernen Musikschule ist ein Haus der Künste, ein Musen-Tempel.“ In Herdecke werden nicht nur klassische und moderne Instrumente gelehrt, sondern auch Ballett, Modern Dance und seit Neuestem Tai Chi. Der Schulleiter der Max-Reger-Schule Helmut Schröder sieht die Lage ähnlich: „Kultur darf sich nicht auseinander dividieren. Wir machen beispielsweise auch Projekte mit dem Theater. In Hagen wäre die Zusammenarbeit zwischen den Kultureinrichtungen aber grundsätzlich noch ausbaufähig.“
Organist Ulrich Walther sieht die Hauptaufgabe der Musikschule in der kulturellen Erziehung. „Man sollte die Leute sensibilisieren, damit sie überhaupt noch in ein Konzert gehen. Der musikalische Geschmack muss erst gebildet werden.“ An dieser Stelle spricht Martin Schreckenschläger das Projekt „Jedem Kind ein Instrument (JEKI)“ an, das Kinder der Klassen 1 bis 4 für Musik begeistern soll. Die Kosten für den Musikunterricht sind durch Fördermittel erheblich gesenkt, so dass sich auch Schüler aus schlechter gestellten Familien die Stunden leisten können. Der JEKI-Unterricht findet in den Räumen der Grundschulen statt und wird in den Stundenplan der Kinder integriert. „Leider wird dieses Projekt oft falsch interpretiert – nämlich als Ersatz für eine Musikschule“, so Schreckenschläger. Im Plenum werden zudem Stimmen aufgebrachter Musiklehrer laut: Denn oft finden sie sich in den Randstunden der Unterrichtspläne wieder, wenn die Kinder längst keine Energie und Konzentration mehr haben. „Jemand, der in eine Führungsposition möchte, braucht aber einen persönlichen und kulturellen Background“, untermauert Walther die Bedeutung kultureller Bildung.
Förderung endet mit der Grundschule
Dirigent Fabian Liesenfeld hingegen wäre froh, wenn es in Niedersachsen ein Angebot wie JEKI gäbe: „Man muss etwas tun, um die Kinder zu erreichen!“ Problematisch bleibt aber, dass die Förderung nach der Grundschule endet – ab der 5. Klasse gibt es kein vergleichbares Angebot. Bei Projekten mit weiterführenden Schulen entstehen zudem immer viele logistische Schwierigkeiten. Durch G8 haben die Schüler Nachmittagsunterricht – da bleibt für die Musik kaum Platz mehr.