Hagen. .
Die jungen Wilden in der Hagener SPD setzen ihren Vormarsch fort: Nesrin Öcal (24), Pressesprecherin der Partei sowie Vorsitzende des Juso-Unterbezirks, kandidiert im kommenden Jahr bei den Wahlen zum EU-Parlament. In der letzten Sitzung des Parteivorstandes wurde die Deutsche mit türkischen Wurzeln einstimmig nominiert. „Ich will mich für eine sozialeren Anstrich der Europäischen Union einsetzen“, sagte die als ebenso selbstbewusst wie bisweilen vorlaut geltende Nachwuchspolitikerin.
Nesrin Öcals Vater ist ein Türke mit alewitischem Hintergrund, ihre Mutter Deutsche. Sie wuchs in der Lützowstraße und am Boloh auf und baute vor fünf Jahren ihr Abitur am Theodor-Heuss-Gymnasium. Anschließend nahm sie ein Jurastudium an der Ruhr-Uni in Bochum auf, im Institut für Sozialrecht ist sie als studentische Hilfskraft tätig. Zum Staatsexamen habe sie sich bereits angemeldet, verriet sie: „Im Juli sind die Prüfungen.“
Dass sie bei den Wahlen 2014 tatsächlich einen Sitz im EU-Parlament erringt, hält Nesrin Öcal zwar für möglich, aber nicht wahrscheinlich. Denn im Gegensatz zu anderen Wahlen gibt es bei der Europawahl keine Direktwahlkreise, sondern eine Bundesliste aller Kandidaten. Dass die Newcomerin aus Hagen sogleich einen aussichtsreichen Platz auf dieser Liste erhalten wird, darf nicht erwartet werden. Aber immerhin: Nach Magdalene Hoff, die von 1979 bis 2004 Abgeordnete im EU-Parlament war, hat erstmals wieder eine Hagener SPD-Politikerin die Europapolitik zu ihrem Betätigungsfeld erkoren. „Wir wissen die Europapolitik bei Nesrin Öcal in besten Händen“, lobte Hagens SPD-Chef Timo Schisanowski, der übrigens auch in Bochum Jura studiert, die von ihm geförderte Parteikollegin: „Sie übernimmt im Parteivorstand schon heute Führungsverantwortung und übt diese souverän aus.“
Nesrin Öcal hält mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg. Einen EU-Beitritt der Türkei befürworte sie grundsätzlich, mit Blick auf die aktuelle Lage im Heimatland ihres Vaters käme ein solcher Schritt jedoch nicht in Frage, betont sie. Dass sie noch keine Berufserfahrung besitze und sich trotzdem um ein wichtiges Amt bewerbe, will sie sich nicht ankreiden lassen: „Es gibt Exemplare in unserer Gesellschaft, die ihren Job 30 Jahre lang ausüben und ihn schlecht ausüben.“ Will sagen: Erfahrung ist kein Garant für eine erfolgreiche Politik.