Südwestfalen. . Die Kinder in Südwestfalen haben Oberwasser: In der Region können deutlich mehr Viertklässler schwimmen als in Ballungsgebieten. Aber: Zufrieden sind Vereine und Schwimmmeister damit noch nicht. Es fehle an Ausbildern, Bädern und Zeit, sagen sie.
Sommer, Sonne, Sand und Pool: Ihre Ferien dürfen die Viertklässler der katholischen Grundschule in Schmallenberg ganz entspannt genießen. Sie können schwimmen. Alle. Gerade hat das letzte Kind sein Seepferdchen gemacht. 16 Mitschüler haben das Jugendschwimmabzeichen in Bronze bestanden. Petra Klein, Schulleiterin und Schwimmlehrerin in dieser Klasse, ist hörbar stolz.
50.000 Schüler in NRW schwimmen unsicher
Das darf sie offenbar auch sein. Denn die Zahl der Kinder, die nicht sicher schwimmen können, ist hoch. 50.000 Viert-, Fünf- und Sechstklässler sind es in NRW, sagt Peter Harzheim, Präsident des Bundesverbandes deutscher Schwimmmeister. Bundesweit seien nach dem vierten Schuljahr 45 Prozent der Kinder unsicher im Wasser, so das Ergebnis einer Umfrage der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) aus dem Jahr 2010. Und knapp ein Viertel (25 Prozent) hat in diesem Alter nicht einmal das Schwimmabzeichen „Seepferdchen“.
Kinder in Südwestfalen haben Oberwasser
Im Vergleich dazu haben die Kinder in Südwestfalen Oberwasser. Im Regierungsbezirk Arnsberg konnten im Jahr 2012 in der vierten Klasse 11 Prozent nicht schwimmen, hatten also kein Seepferdchen. Wobei der Anteil der Nichtschwimmer in den großen Städten deutlich höher war als in den ländlichen Gebieten. Während sich in Hagen 21 Prozent der Kinder nicht über Wasser halten konnten, waren es im Ennepe-Ruhr-Kreis und in Siegen-Wittgenstein nur 10 Prozent, 7 Prozent im Hochsauerlandkreis, 9 Prozent in den Kreisen Olpe und Soest, 12 Prozent im Märkischen Kreis.
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Auf dem Land seien viele Eltern engagierter, sagt Brigitte Thomé, Beraterin der Bezirksregierung im Schulsport. „Die Familien legen hier viel Wert darauf, dass die Kinder schwimmen können“, bestätigt auch Schulleiterin Petra Klein. Und nicht nur die Eltern, sondern auch viele Vereine seien aktiver, so der Eindruck von Peter Harzheim. Der Olper ist als Schwimmmeister in Finnentrop tätig.
Zufrieden ist der Schwimmverband Südwestfalen mit Quoten nicht
Zufrieden ist man in Südwestfalen mit diesen Quoten dennoch nicht. Gründe, warum so viele Kinder nicht schwimmen können, gibt es viele. Zunächst einmal muss, wer schwimmen lernen möchte, warten können. „Ein gutes Jahr“, schätzt Werner Dommes von der DLRG im Hochsauerlandkreis. Andernorts sind die Wartelisten noch länger. Mit der Folge, dass in Finnentrop zum Beispiel manches Kind nicht mit 5 oder 6 Jahren die Seepferdchen-Prüfung mache, sondern erst im Alter von 7 Jahren. „Eher bekommen wir es oft nicht hin“, sagt Ralf Kalkreuter vom Schwimmverband Südwestfalen.
Das neue Aqua Magis in Plettenberg
Denn es gibt zu wenig Ausbilder. Mitglieder dafür weiterzubilden, koste die Ortsgruppen viel Geld, sei auch zeitaufwendig. „Das machen immer weniger“, ist der Eindruck von Werner Dommes. Doch selbst wenn man genug Ausbilder hat, fehlt es doch vielerorts am geeigneten Platz. Statt kleiner Lehrschwimmbecken, gebe es nun ein großes Spaßbad, erklärt Ralf Kalkreuter am Beispiel Plettenbergs. Dort aber sei man auf zahlende Gäste angewiesen - „und die Vereine müssen zurückstecken“.
Auch viele Kommunen verlangten in ihren Hallenbädern mittlerweile Benutzungsgebühren, berichtet Werner Dommes. Zudem seien die Spaßbäder groß und unübersichtlich, in einem kleinen, ruhigen Lehrschwimmbecken, lernten Kinder leichter, so Petra Klein.
In Winterberg gibt es überhaupt kein Schwimmbad mehr
Mancherorts fehlt es auch ganz an einem Schwimmbad, wie derzeit in Winterberg. Dort haben die Viertklässler der katholischen Grundschule nun gar keinen Schwimmunterricht, weil die Becken im Hotel „Oversum“ geschlossen sind. Allerdings seien die Kommunen verpflichtet, Schulschwimmen zu ermöglichen, notfalls im Nachbarort, betont Schwimmmeister Peter Harzheim. Die Fahrtzeit aber geht vom Schwimmunterricht ab.
Mit dem allein ist es ohnehin nicht getan. Für Kurse am Nachmittag aber fehlt nach dem offenen Ganztag oft die Zeit, zumal es auch viele andere Freizeitangebote gebe, erklärt Werner Dommes. Andererseits braucht es immer mehr Stunden, bis die Kinder Schaufelbagger und Froschbeine beherrschen: „Mittlerweile manchmal mehr als ein Jahr“, sagt Ralf Kalkreuter, „weil die motorischen Fähigkeiten schlecht sind.“
