Ischeland. Redakteurin Yvonne Hinz ist in Stepschuhe geschlüpft. Ein amüsant-anstrengender Selbstversuch.

„Was für eine Schuhgröße ­haben Sie?“ – Oje, die böse Frage. „Fünfunddreißigeinhalb“ „Oh, na ja, dann ­le­­ge ich Ihnen mein kleinstes Paar zurück. In siebenunddreißig.“ Wenn das die einzige Hürde des Steptanz-Selbstversuchs bleibt. Ich bin optimistisch, „das wird schon hinhauen. Also bis dann. Ich freu’ mich auf Donnerstag.“

Vera Schimetzek und ich sind verabredet – zur Steptanzstunde für Anfänger.

Wie ich darauf komme, mich in dieser doch sehr speziellen Disziplin schlau machen zu wollen? Steptanz mitsamt der dazugehörigen Swing- und Jazzmusik ist angesagt. Der Boom begann vor etlichen Jahren, als die australische Steptanz-Compagnie „Tap Dogs“ durch Europa tourte und mit dem Erscheinen des Swing-Albums „Swing When You’re Winning“ von Robbie Williams vor über zehn Jahren. Und auch das Hagener Theater feiert mit seiner Swing-­Revue „Fly me to the Moon“ seit Monaten Erfolge.

Also Steptanz . . . „Nein, besondere Kleidung brauchen Sie nicht. Einfach ‘was Saloppes.“ Hat Vera Schimetzek, die das „Battuta-Tap“-Steptanzstudio am Ischeland leitet, im Vorfeld gesagt. Und jetzt das. Alle Schüler, pardon, Schülerinnen (der einzige männliche Kursteilnehmer lässt sich entschuldigen) sind in Schwarz gekleidet, die Oberteile zum Teil mit Rüschen und Volants aufgehübscht. Na toll, ich trage Lachsrot . . .

Spitze und Hacke haben Metallbeschläge

Aber die Schuhe sind okay. Etwas groß, doch es geht. Schwer sind die Dinger. Und laut. Natürlich – Spitze und Hacke haben ja Metallbeschläge. „Fester Stand, Gewicht nach vorn. Dann bist du ­schneller.“ Vera – wir sind mittlerweile beim „Du“ – spricht Tacheles. „Und die Knie hoch, damit die Füße Raum haben.“ Das einzige Gelenk, das beim Step nicht aktiv benutzt wird, ist das Fußgelenk. „Das bleibt locker und reagiert nur.“ Okay – also Knie hoch . . . „Und die Bewegungsimpulse kommen aus der Hüfte“, weist Vera, die seit 20 Jahren Steptanz unterrichtet, an. Schon klar, ich geb’ alles.

Beim Standard- und Lateintanz sieht man nicht sofort jeden Fehler, beim Step hört man jedoch jeden Fehltritt. „Man musiziert mit den Füßen und bewegt sich mit dem ganzen Körper – das ist doch reizvoll, oder?“, begeistert sich die temperamentvolle Lehrerin. Ein Steptänzer arbeitet wie ein Schlagzeuger – mit hellen Tönen (die werden mit dem Fußballen produziert) und mit dunklen Tönen (dafür ist die Hacke zuständig).

Nicht nur „Singin’ in the Rain’“

„A Night like this“ von Caro Emerald tönt aus den Boxen. „Es muss doch nicht immer Frank Sinatras ,Singin’ in the Rain’ sein, obwohl der Song natürlich der Step-Klassiker schlechthin ist“, sagt Vera. Und die übrigen Steptänzerinnen ­nicken. Beim Erzählen über Step als Vorläufer des heutigen HipHops und von den farbigen Einwanderern aus dem Süden Amerikas, die Step um 1905 nach New York gebracht haben, gönnt sich Vera keine Pause. Mir auch nicht. „Den Rhythmus halten. Und alles ein wenig schneller.“ Ja, ja, das ist doch ein Anfängerkurs. Aber es macht schon Spaß.

Was sich denn eigentlich hinter dem Namen „Battuta“ verberge?, frage ich japsend. „Der Begriff stammt aus dem Italienischen und bedeutet in etwa ,den Takt schlagen’“, erläutert Vera, die seit acht Jahren Steptanz-Kurse am Ischeland leitet. Die 45-Jährige wird – zum Glück nur gespielt – ernst: „Und schreib’ Step bloß nicht mit Doppel-P. Wir haben’s hier nicht mit einer Steppdecke zu tun, sondern mit Schritten.“