Berchum. . Mehr als 420 Züge sind es schon in diesem Jahr, die Marvin Läsch gesichtet und archiviert hat. Seit fünf Jahren fotografiert er als „Trainspotter“ Züge. 5000 Fotos sind so schon zusammengekommen – in ganz Deutschland.
Für Außenstehende sind es kryptische Kombinationen aus Zahlen und Buchstaben. GM 62303 etwa. Für Menschen wie Marvin Lätsch ist dies eindeutig die Bezeichnung eines Brammenzuges. Und mit Bezeichnungen, Lok-Typen, Sonderlackierungen und Waggon-Bauweisen kennt er sich aus, wie wohl nur wenige in seinem Alter. Der 21-Jährige ist nämlich „Trainspotter“, er fotografiert und archiviert Züge.
Wenn der junge Berchumer seltenen Triebwagen wie der Baureihe 225 auf der Spur ist, überlässt er nichts dem Zufall. Er kennt die Routen, die Abfahrts- und Ankunftszeiten der Züge, vorwiegend Güterloks, auf dem Effeff. „Hohenlimburg ist spannend wegen des Stahlverkehrs zu Hoesch oder zum Stahlwerk in Finnentrop“, erklärt Marvin Lätsch den Reiz seines Heimatbahnhofs, „und wegen der Brammenzüge hat der Bahnhof eine überregionale Bedeutung für Eisenbahn-Fotografen.“ In ganz Deutschland war er schon unterwegs, von Sylt bis zum Allgäu, doch seine Lieblingsplätze liegen im Ruhrgebiet.
Verteilerbahnhof Oberhausen-West
„In Oberhausen-West ist einer der größten Verteilerbahnhöfe“, beschreibt der Abiturient, „als Fan von Güterzügen wird man da fast wahnsinnig.“ Alle zwei Minuten käme dort eine in irgendeiner Form außergewöhnliche Lok vorbei, führt er aus. „Ein Highlight für Eisenbahn-Fans.“ Besonders die alten, schweren Dieselloks haben es ihm angetan, wie die Reihe 218: „Da hört man wenigstens noch was, das ist mir wichtig“, schwärmt Lätsch. Leider, ergänzt er, würden immer mehr von den alten Loks ausrangiert, aber auch das müsse man akzeptieren. Verbrauch und Lautstärke werden eben auch im Montanverkehr immer wichtiger. Trotzdem werden die Züge, die es zu sehen und zu fotografieren gilt, nicht weniger: „Jede Woche kommt ein neues Objekt, das man fotografieren will“, sagt Marvin Lätsch, „und das hängt auch mit den vielen Privatbahnen zusammen.“
Welcher Zug mit welcher Sonderlackierung gerade wo unterwegs ist, darüber tauscht sich der angehende Student mit anderen im Internet auf dem Portal „Drehscheibe“ aus. Wann immer ein Trainspotter eine besondere Lok erblickt, setzt er die Daten wie Triebwagen, Fahrtrichtung, Lackierung, Waggontyp etc. ins Netz. „So können andere Fans auch ihre Fotos von den Zügen machen und wissen, wann sie wo sein müssen.“ Und er selbst bekommt natürlich auch wichtige Informationen – es ist ein Geben und Nehmen.
Internet als Informations-Plattform
Seit fünf Jahren fotografiert Lätsch die Züge nun – 5000 Bilder sind zusammengekommen, penibel geordnet auf dem Computer. Dazu fertigt er umfangreiche Excel-Tabellen an, in denen jedes kleinste wichtige Detail aufgezeichnet wird. Mehr als 420 Einträge hat allein das Jahr 2013. „Ich kontrolliere so beispielsweise, wie viele von den 399 Loks einer bestimmten Baureihe ich selbst schon erwischt habe“, sagt der Schüler. Zwei- bis dreimal in der Woche zieht er los, besucht Bahnhöfe und fotografiert dort. Meist allein, immer häufiger aber auch in Gesellschaft. Das Internet macht’s möglich.
„Für Eisenbahnen interessiere ich mich schon mein ganzes Leben“, erinnert sich der Berchumer und erzählt: „Nach Mama und Papa war Doppelsignal mein drittes Wort, da können Sie meinen Vater fragen.“ 50 Bücher über Eisenbahnen nennt der Bahn-Fan sein Eigen, eine fünf Quadratmeter große Modelleisenbahn-Landschaft hat er in Eigenregie gebaut.
Beruflich aber möchte sich Marvin Lätsch nicht mit dem Thema befassen: „Ich habe die Befürchtung, dass mir das dann nicht mehr so gefällt, wenn ich täglich damit zu tun habe“, meint er, „und dafür ist mir die ganze Sache zu wichtig.“ Hobby, erklärt er, sei eben Hobby, und Beruf sei Beruf. Ab September zieht es ihn deshalb nach Soest, um Technischer Redakteur und Projektmanager zu werden. Er wird dann pendeln. Ob mit der Bahn, das weiß er noch nicht.