Schwerte. .
Nachdem in der vergangenen Woche die Mutter (49) und ein Onkel (50) aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, hat gestern der 20-jährige Bruder sein Schweigen im Ehrenmord-Prozess gebrochen. In einer durch seine Verteidigerin verlesenen Einlassung gab er zu, auf dem Rastplatz gewesen zu sein, aber seine Schwester nicht erschossen zu haben. Der 20-Jährige erklärte: „Was ich getan habe, ist fast das gleiche, aber ich war es nicht.“
Wut auf die Schwester
Wütend sei er auf seine Schwester gewesen. Er habe sie schlecht behandelt, beleidigt und geschlagen. Dass seine Schwester ausging und die Familie in ihrer Trauer um den verstorbenen Vater allein ließ, erschien ihm selbstsüchtig. Außerdem hätten sich ihre Männerbekanntschaften in Schwerte herumgesprochen.
„Damals habe ich nicht verstanden, dass sie das Recht hatte, ein Leben zu führen, wie sie es wollte“, führte der Angeklagte in der sorgfältig vorbereiteten Erklärung aus.
Da sei überraschend zwei Wochen vor dem Mord der Onkel aus Finnland aufgetaucht.
„Meine Schwester sollte bestraft werden, damit es nichts mehr zu reden und zu lästern gibt. Ganz offen sprach der Onkel davon, dass sie getötet werden muss. Er würde es selbst tun.“ Er solle ihm nur helfen, den Cousin zu überreden, mit dem Auto zu kommen und anschließend bei der Flucht helfen. „Ich schäme mich. Damals glaubte ich ihm.“
Auf dem Rastplatz wurde dann „aus einem Plan Wirklichkeit“, so der Angeklagte. „Als sie den Onkel sah, schrie sie, wie ich noch nie einen Menschen habe schreien hören.“ Der Onkel habe in die Luft geschossen und seine Schwester in ein Gebüsch gezerrt. Wieder Schüsse, dann Stille, beschrieb er die Szene auf dem Rastplatz.
Der Angeklagte schloss seine Ausführungen mit den Worten: „Wenn ich mehr Mut gehabt hätte, wäre sie noch am Leben.“
Auf Nachfragen des Gerichts zu seiner schriftlichen Einlassung reagierte der 20-Jährige aber eher stockend.
Oft sagte er, dass er keine Erinnerung mehr an bestimmte Einzelheiten hätte. Die Verteidigung erklärte daraufhin, dass der Angeklagte zunächst keine Fragen mehr beantworten würde.