Hagen.. Nach der Visite von Schülern des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Windhuk im vergangenen Jahr weilten nun Jugendliche aus Namibia bei ihren Gastfamilien in Hagen. Die Gäste waren beeindruckt vom Leben in Deutschland.

Austauschorganisationen werben ja gern damit, dass ein Schüleraustausch ein unvergleichliches Erlebnis sei. Er kann auch eine Art Kulturschock sein. Und – über alle kulturellen Grenzen hinweg – Freundschaften entstehen lassen.

Die Begegnung zwischen dem Hagener Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) und einer privaten Schule aus Windhuk war sicherlich so ein Erlebnis, welches die gewöhnlichen Bedingungen eines Schüleraustauschs sprengte. Deutschland und Namibia trennen nicht nur 8300 Kilometer Luftlinie, sondern auch unterschiedliche Denk- und Lebensweisen. „I always saw people rush – die Menschen hatten es immer eilig“, gibt Ennrich (17) seine Eindrücke vom Land der Dichter und Denker wieder.

Gut zwei Wochen unterwegs

Gut zwei Wochen lang waren die Schüler aus Namibia in Deutschland unterwegs, lebten bei ihren Gastfamilien in Hagen, nahmen am Unterricht im THG teil, waren begeisterte Augenzeugen des Basketballduells zwischen Phoenix Hagen und Bamberg – und prallten mit einer Mischung aus Faszination und Ernüchterung auf den westlichen Lebensstil. „In Namibia we take things very slow“, so Ennrich: „In Namibia gehen wir die Dinge viel gelassener an.“

Die Vokabel vom Kulturschock beschreibt diesen deutsch-afrikanischen Schüleraustausch wohl wirklich zutreffend, sie ist ja auch nicht abwertend gemeint. Beide Seiten waren davon betroffen. „Die Leute hier sind unfreundlicher als in Namibia, teilweise jedenfalls“, berichtet Anne Brandenburg (17). Und René Tönnes, Vater von zwei Austauschkindern, der als Physiotherapeut in Diensten des Deutschen Fußball-Bundes schon des öfteren in dem Land an der Südwestspitze Afrikas weilte, bekräftigt: „Die Namibianer bewundern uns für unsere Pünktlichkeit und unser Pflichtbewusstsein – Eigenschaften, die wir mit Stress verbinden.“

Bacharach am Rhein mit dem Loreleyfelsen

Interessant sicherlich auch, dass zu den Sehenswürdigkeiten, die sich die namibianischen Jugendlichen auserkoren, Bacharach am Rhein mit dem Loreleyfelsen gehörte – ein Ausflugsziel, für das deutsche Kinder schwerlich zu begeistern wären. „Es gibt so viel Auswahl an Kleidung, Restaurants und Schokoladensorten“, zeigte sich Susan (16) fasziniert vom überschwappenden Angebot in deutschen Landen. Und dass der öffentliche Nahverkehr trotz des vielgeübten Schimpfens über verspätete Züge im Grunde geradezu vorbildlich funktioniert, unterstrichen alle Namibianer: „Und das Leben ist sehr sicher“, so der begleitende Lehrer Wolfram Janss: „In Windhuk wäre es für ein Mädchen zu gefährlich, mit dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren.“

Am Pfingstsonntag flogen die Namibianer die 8300 Kilometer in ihre Heimat zurück. Der Besuch in Hagen war ein unvergleichliches Erlebnis, ja, das war er.