Hagen. .
In der Hagen-Schule gibt es keine Klassen. Es gibt keine Tafeln und es gibt kein Lehrerzimmer. Und doch sitzen hier Kinder an Pulten, sie lernen zu lesen und zu schreiben und sie werden von echten Lehrern unterrichtet. Aber eben nicht so, wie man sich das gemeinhin von einer Schule vorstellt.
In der 2012 gegründeten Lehranstalt, einer aus Grund- und Realschulzweig zusammengefassten Privatschule, läuft alles ein bisschen anders. Das fängt schon mit dem Frühstück an, ab 7 Uhr ist die Mensa für die Schüler, nachdem sie in die Hausschuhe geschlüpft sind, geöffnet. Schulkleidung (nicht Schuluniform) ist vorgeschrieben, es gibt rote und blaue Jacken, Kapuzenpullis, Hemden und T-Shirts mit dem aus zwei sich kreuzenden Balken bestehenden Emblem der Schule. „Wir wollen die Kinder vor dem Markendruck bewahren“, erläutert Schulvorstand Alexander Flieger, der die Schule gemeinsam mit seiner Frau Sibylle Hecker gründete, die Strategie.
Inhaltlich orientiert sich die Schule an den Richtlinien der Reformpädagogin Maria Montessori (1870 bis 1952) und ihrer Vorstellung vom Kind als „Baumeister seines Selbst“. Nach dem Morgenkreis steht Freiarbeit auf dem Stundenplan, jeder Schüler bestimmt selbst über Tempo, Thema und etwaige Wiederholungen seiner Lektionen. Am Ende der Lerneinheit wird in einem Test überprüft, ob und wie gut die Kinder gelernt haben. Frontalunterricht mit einem vor der Klasse stehenden Lehrer ist an der Hagen-Schule bis auf wenige Ausnahmen tabu. „Bei uns herrscht ein ganz anderes Schuldenken, auf das man sich einlassen muss“, sagt Sibylle Hecker. Nicht jedem Mitarbeiter gelingt das, von einigen Lehrern hat sich die Schule inzwischen nicht zuletzt aufgrund unterschiedlicher Auffassungen getrennt.
Der Schulbeitrag orientiert sich an der finanziellen Leistungsfähigkeit der Eltern, die einen Grundbeitrag von 100 Euro plus fünf Prozent ihres Nettogehaltes aufbringen müssen. Rund 200 Euro pro Kind benötigt die Schule im Schnitt, um über die Runden zu kommen. Dennoch legt Flieger Wert auf die Feststellung, dass die Hagen-Schule keine Elite-Schule darstelle: „Jedenfalls nicht, was den sozialen Status angeht. Wir haben auch Kinder von Hartz-IV-Empfängern. Eine Elite sind wir höchstens insofern, dass sich unsere Eltern sich Gedanken um die Bildung ihrer Kinder machen.“
Noch ist das Gebäude an der Lützowstraße 125, in dem früher die mathematische Fakultät der Fernuniversität untergebracht war, viel zu groß für die 42 Kinder der Hagen-Schule. Aber im nächsten Jahr, die Anmeldungen sind bereits verbucht, werden es schon 100 Schüler sein. Sicherlich profitiert die Schule von der ständig schwankenden Bildungspolitik in NRW, viele Eltern suchen ein verlässliches Angebot. In den nächsten Jahren will die Hagen-Schule auf 250 Kinder anwachsen, sogar ein Berufskolleg bis Klasse 13 mit Abitur wird angestrebt.
Statt eines Lehrerkollegiums gibt es ein pädagogisches Team, zu dem auch die Küchenhilfen gehören. Die Frauen, die das Mittagessen ausgeben, hätten schließlich ebenso eine erzieherische Wirkung wie ein Lehrer, der den Schülern etwas erkläre, meint Flieger.