Hagen-Haßley. . In der übernächsten Woche wird in Haßley an Hagens aufwendigstem Kanalbau-Projekt weitergebohrt. Die Mehrkosten für den viermonatigen Stopp bleiben am Gebührenzahler hängen. Wie hoch sie sind - darüber schweigt der Wirtschaftsbetrieb Hagen.

Ob diese Botschaft sich als gut erweist, ist offen: An Hagens aufwendigster Kanalbaustelle geht es bald wieder voran.

Keine Aussage zu Kosten

In der übernächsten Woche setzt sich der Bohrer, der einen Entwässerungskanal für das Areal des Sonneborn-Neubaus vorantreibt, wieder in Bewegung. Welche Kosten der Gebührenzahler für den viermonatigen Baustopp und die zusätzlich erforderliche Startgrube tragen muss, steht fest, wird aber nicht verraten. „Wir werden in nichtöffentlicher Sitzung am 24. April zunächst den Verwaltungsrat des Wirtschaftsbetriebs Hagen informieren“, so Matthias Hegerding, Fachbereichsleiter Bau bei der Stadttochter WBH.

Mitte Dezember war dem Bohrer bzw. den Rohren, die hinter dem schweren Gerät in den Tunnel gepresst werden, der Berg quasi auf den Kopf gefallen. Es gab kein Vor und kein Zurück mehr. Etwas mehr als ein Drittel der 640 Meter langen Strecke war die ausführende Firma Sonntag zu diesem Zeitpunkt vorangekommen. Einzelne Rohre hatten aufgrund des riesigen Drucks Schaden genommen. Einzige Lösung: An Ort und Stelle musste eine weitere zehn mal zwölf Meter große und rund 20 Meter tiefe Grube ausgehoben werden.

Reserven nicht eingeplant

Zwölf Monate Bauzeit waren ursprünglich für die Gesamtmaßnahme veranschlagt. Weil rund um die Uhr (also auch nachts) durchgebohrt werden sollte, sind zeitliche Reserven nicht eingeplant. Also verzögert sich die Fertigstellung des Kanals, die für Sommer 2013 avisiert war, um mindestens vier Monate. Denn hinzu kommt: Im harten Karstgestein (Bodenklasse 7) kommt der Bohrer nicht so voran, wie es die Verantwortlichen geplant hatten. „Statt 24 Metern am Tag schafft die Firma Sonntag höchsten 20 Meter“, erklärt Hegerding.

Der Zeitplan droht aus dem Ruder zu laufen. Und die Umstände bergen einen gewissen Sprengstoff. In der kommenden Woche soll es deshalb zu einem Spitzentreffen zwischen Wirtschaftsbetrieb Hagen und Vertretern der Firma Sonntag kommen. Dabei geht es neben den zusätzlichen Kosten für zusätzliche Arbeiten auch um Schadensersatz, den die Firma nach Informationen unserer Zeitung einfordern will. „Der Mehraufwand ist unstrittig“, so Hegerding, „das werden wir in einer gewissen Weise auch anerkennen müssen.“

Gebührenzahler mit im Boot

Dass zunächst einmal der Wirtschaftsbetrieb Hagen und damit der Hagener Gebührenzahler für die entstehenden Mehrkosten aufkommen muss, steht für den WBH außer Frage. „Man spricht vom echten Baugrundrisiko, das jeder Bauherr tragen muss“, so Hegerding. Da helfe es auch nichts, dass die fragliche Bohrstrecke zuvor geologisch Begutachtet worden sei. „Es bleibt ein Restrisiko, das man nicht ausschließen kann.“

Ein Risiko, das im knallharten aber zerklüfteten Karstgestein besonders hoch ist. „Im sogenannten Massenkalk befinden sich viele Hohlräume. Was auch für die weiteren knapp 400 Meter durchaus Gefahren birgt. „Wir werden am Vortriebsverfahren selbst Optimierungen vornehmen“, so Hegerding. Aber auch damit können Erdrutsche nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden.

Grüne argwöhnisch

Seit jeher weckt die Großbaustelle zur Erschließung des Möbelhauses den Argwohn der Grünen. „Ein solches Bauwerk hätte man meiner Meinung nach nicht angehen dürfen“, sagt Hildegund Kingreen, Ratsherrin und Vorsitzende des Umweltausschusses mit Blick auf das 2,9 Millionen Euro teure Projekt. „Kosten und Risiko stehen in keinem Verhältnis zu dem, was auf Haßley entsteht - ein weiterer Möbelmarkt. Ich habe keine Ahnung, wie man die Mehrkosten dem Gebührenzahler erklären will“, erklärt die Politikerin, die selbst auf Haßley wohnt, weiter.

Zweifel hegen die Grünen generell am Rohrvortriebsverfahren, das beim Kanalbau auf Haßley angewendet wird. „Ich will nicht ausschließen, dass man auf die billigste Lösung gesetzt hat und dass sich das jetzt rächt“, so Hildegund Kingreen, die einen entsprechenden Fragenkatalog an die Verwaltung geschickt hat. Die Antworten, die sie vom Wirtschaftsbetrieb Hagen erhalten hat, stellen sie allerdings nicht zufrieden. „Da gibt es viele Gründe, noch einmal nachzuhaken.“

Einer davon dürfte auch sein, dass sich die WBH auf eine falsche DIN-Norm bezieht, als es um die Baugrunduntersuchungen geht. In der angeführten DIN 18300 steht nämlich explizit, dass sie eben nicht für Rohrvortriebsarbeiten gilt.