Vorhalle. . Die evangelische Kirchengemeinde in Vorhalle hat seit einem Jahr keinen Pfarrer mehr. Demnächst soll die Stelle ausgeschrieben werden. Der Nachfolger von Hans-Peter Naumann benötigt ein besonderes Anforderungsprofil.

Die evangelische Kirchengemeinde in Vorhalle hat seit einem Jahr keinen Pfarrer mehr. Seitdem Hans-Peter Naumann sein Amt aufgrund von Spannungen mit verschiedenen Gruppen im Februar 2012 zur Verfügung stellte, wurde die wichtigste Stelle in der Gemeinde nicht wieder vergeben. „Unsere Gemeinde hat inzwischen leider einen schlechten Ruf“, macht Kirchmeisterin Renate Lapp aus ihrem Herzen keine Mördergrube.

Wie es aussieht, sind die evangelischen Christen in Vorhalle in mehrere Lager, zwischen denen eine Versöhnung nur schwer möglich erscheint, gespalten. Da ist auf der einen Seite das fünfköpfige Presbyterium, das die Gemeinde nicht zuletzt aufgrund der sich zuspitzenden finanziellen Situation reformieren will. „Die Kirchensteuerzuweisungen werden geringer, wir müssen Rücklagen bilden“, so Frau Lapp. Außerdem müsse die Jugendarbeit intensiviert werden. Aber es gebe Gruppen, die wollten, dass alles so bleibe, wie es immer war: „Diese Leute sehen nicht ein, dass Veränderungen notwendig sind. Sie arbeiten gegen das Presbyterium.“

Schliebener weist Vorwürfe zurück

Ein Vorwurf, der vor allem auf Ex-Pfarrer Erhard Schliebener (78) und seine Anhänger zielt. Der Geistliche, der am Sonntag 50-jähriges Ordinationsjubiläum feierte und der Gemeinde bis 1998 vorstand, wird nach Auskunft von Superintendent Bernd Becker derzeit im Predigtplan nicht mehr berücksichtigt. Schon für die Kapitulation von Pfarrer Naumann, der u.a. wegen der Temperatur-Absenkung in der Kreuzkirche in die Kritik geraten war, soll Schliebener mitverantwortlich gewesen sein.

„Das ist doch Quatsch“, weist der Geistliche, der nach wie vor im Chor mitsingt und im Gemeindeverein tätig ist, die Vorwürfe zurück. Zwar habe es durchaus eine Opposition gegen Naumann gegeben, doch eigentlich stelle Vorhalle eine attraktive Kirchengemeinde dar: „Die alten Konflikte müssten doch ausgestanden sein.“

Pfarrer Nowak kommissarisch im Einsatz

Diese Auffassung wird im Kirchenkreis keineswegs uneingeschränkt geteilt. Die nach Naumanns Abgang verwaiste Pfarrstelle sei zunächst bewusst vakant gehalten worden, damit sich die Gemüter vor Ort beruhigen konnten, so Superintendent Becker: „Damit der neue Pastor nicht gleich zwischen den Fraktionen zerrieben wird.“ Von der zwischenzeitlich favorisierten Alternative, gar keinen Pfarrer mehr zu berufen und die Amtsgeschäfte stattdessen von einem Diakon betreuen zu lassen, hat das Presbyterium inzwischen Abschied genommen. Die Statuten sehen zwingend einen ordinierten Pfarrer als Leiter der Gemeinde vor.

Deshalb soll die Stelle demnächst ausgeschrieben werden, bis dahin führt Pfarrer Gerd Nowak kommissarisch die Sitzungen des Leitungsgremiums. Was ein neuer Pfarrer auf jeden Fall mitbringen müsse, sagt Renate Lapp: „Die Fähigkeit, die verfeindeten Gruppen einander näher zu bringen.“