Über die Bedeutung von Zeitzeugen und das Projekt des Historischen Centrums sprach unsere Zeitung mit Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen.

1 Warum hat das Historische Centrum Zeitzeugen gesucht?

Zeitzeugen sind wichtige Informationsvermittler. Sie verfügen über Kenntnisse und Wissen, oft auch über aussagekräftige Dokumente, besonders zeitgenössische Briefe und Tagebücher sowie Fotografien. Um dieses Wissen und historische Zeugnisse für die Nachwelt und Allgemeinheit dauerhaft zu sichern, ist eine Aufbewahrung in einer öffentlichen Sammlung wie in Museen und Archiven wichtig. Die Generation der Zeitzeugen dünnt immer mehr aus, so dass wir schon jetzt sagen können, dass wir in zehn Jahren leider kaum noch auf sie zurückgreifen können.

2 Was sind die wesentlichen Erkenntnisse, die man auf diesem Wege noch gewinnen kann?

All das Wissen um Details und Ereignisse, die wir in den amtlichen Quellen und auf den oft gestellten Fotografien nicht überliefert haben. Natürlich muss gerade auch bei mündlichen Überlieferungen immer geprüft werden, ob es sich tatsächlich so zugetragen hat. Das ist im Einzelfall nicht einfach, lässt sich in der Regel aber bewerkstelligen. Quellenkritik gehört zum Handwerk von Historikern.

3 Wie wichtig sind diese Aussagen für die Wissenschaft in Hagen?

Meistens werden die aus Archivalien bekannten Erkenntnisse bestätigt. Allerdings öffnen die Erzählungen von Zeitzeugen eine neue Ebene und Betrachtungsweise auf historische Ereignisse und Prozesse. Wir können dann „große Geschichte“ aus der Perspektive von Betroffenen, die der so genannten kleinen Leute auf der Straße, nachvollziehen. Und die zeigt sich dann nicht selten ganz anders, als sie auf den ersten Blick den Protokollen, Gesetzen und Amtsschreiben zu entnehmen ist. Wenn sich dann noch erweist, dass ein Zeitzeuge nach über 70 Jahren im Gespräch über ein Detailwissen verfügt, das jeder Überprüfung standhält, muss selbst ein vorsichtiger und kritischer Historiker staunen. Mir ist das gelegentlich schon passiert. Wichtig ist aber immer, dass die Erzählungen und Schilderungen von Zeitzeugen protokolliert und dokumentiert werden, am besten sogar als Tonaufzeichnung.