Hohenlimburg. .
Für Fans, die ihr Team nicht regelmäßig im Stadion anfeuerten, war Fußball in den 50er- und 60-Jahren eine ziemlich farblose Angelegenheit. Die Tageszeitungen brachten ebenso wie das Fachmagazin „Kicker“ nur Schwarz-Weiß-Fotos, und die wenigen stolzen Besitzer eines TV-Gerätes mussten bis 1967 warten, ehe Willy Brandt medienwirksam per Knopfdruck das Startzeichen fürs Buntfernsehen gab.
„Dann helfe ich mir eben selbst“, scheint sich Winfried Törnig damals gedacht zu haben. Nach der WM 1958 begann er als Zwölfjähriger, Spielszenen mit viel Fantasie und genauso viel Farbe auf Papier zu bannen oder die vorhandenen Zeitungsbilder bunt abzumalen. Anschließend wurden die kleinen Kunstwerke zusammen mit oft eigenen, akribisch mit Tusche geschriebenen Texten in selbst gebastelte Kladden geklebt – fertig waren die kreativen Alternativen zu den bekannten Sammelalben.
Nicht nur positive Erfahrungen
Schon als kleiner Junge interessierte sich Törnig für alles, was mit dem runden Leder zusammenhing – wenngleich er nicht nur positive Erfahrungen damit sammelte. „Einmal habe ich am Jugendtraining des SV 10 teilgenommen“, erinnert sich der Hohenlimburger und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Als erstes mussten wir 400 Meter laufen – da hatte ich schon die Nase voll.“ Auch die ersten Bildschirmerfahrungen in Sachen Fußball verliefen alles andere als unproblematisch, erzählt der 66-Jährige: „Die Familie eines Freundes wohnte in der Unternahmer und hatte bereits einen Fernsehapparat. Allerdings war das Gerät nicht entstört. Wenn draußen die Kleinbahn oder ein Moped vorbeifuhren, war das Bild weg.“
Vor allem hörte der junge Winfried aber Radio, was ihm trotz fehlender Bilder bei der farblichen Gestaltung seiner kleinen Gemälde immens weiterhalf: „Moderator Herbert Zimmermann gab zu Beginn der Übertragung immer die Trikotfarben der beiden Mannschaften durch; die habe ich mir dann gemerkt – ganz einfach.“
Und da Törnig schon immer gern zeichnete und diesem Hobby bis zum Jahre 1978 frönte, entstanden insgesamt acht ansehnliche Alben über die ehemalige Oberliga, die darauf folgende Bundesliga, den Europapokal, die Weltmeisterschaften und die Länderspiele der deutschen Elf.
Wenn Winfried Törnig diese Bücher heute in der Hand hält, sprudeln die Erinnerungen an längst vergangene Zeiten noch immer aus ihm heraus. Erinnerungen an 1961, als der HSV im Halbfinale des Europapokals der Landesmeister denkbar knapp gegen den großen FC Barcelona den Kürzeren zog, oder an das legendäre Finale 1960, in dem die Frankfurter Eintracht der Weltauswahl von Real Madrid mit 3:7 unterlag. „Es war ja eine Sensation, dass überhaupt eine deutsche Mannschaft ins Finale gekommen war. Bei Madrid spielten Weltklasseleute wie Puskás, Di Stéfano oder Gento.“ Obwohl er nicht ganz den Status dieser Weltstars besaß, nennt Törnig fast im selben Atemzug auch den Namen eines Hohenlimburgers: Lothar Römer. „Der war vom SV 1910 zum Oberligisten SV Sodingen gewechselt und tauchte immer wieder mal im Kicker auf.“
Apropos SV 10: Die Partien der heimischen Fußballer schaute sich Törnig damals regelmäßig in der Weinhofkampfbahn an. „Da spielten so Leute wie ‘Oma’ Beßlich, Börstinghaus, Hachmann, Kopatz oder Niedlich. Und als Jugendliche mussten wir ja nur ‘nen Groschen Eintritt zahlen“, denkt er gern an die alten Zeiten zurück. Neben der spannenden Unterhaltung besaß es aber noch einen weiteren Vorteil, die Spiele live vor Ort zu verfolgen: Alles war farbig.