Boele. . Der Warenkorb der Caritas in Boele und Wehringhausen hilft denen, die sonst mit ihrem Geld nicht über die Runden kommen würden.
An den Fenstern und Türen drücken sich zwei Kinder die Nasen platt. Sehnsüchtig warten sie darauf, dass jemand ihnen öffnet und sie zu den heiß ersehnten Waren dürfen. Hinter ihnen warten weitere 20 Leute, jeder hat Tüten und Körbe in der Hand. Wer hier steht, hat kaum eine Wahl. Denn der Warenkorb der Caritas in Boele und Wehringhausen hilft denen, die sonst mit ihrem Geld nicht über die Runden kommen würden.
Unter den Wartenden steht auch Annegret Altemare. Lächelnd quatscht sie mit den anderen. Man kennt sich hier. Mittlerweile geht sie locker damit um, dass sie auf den sozialen Dienst angewiesen ist. Das sah früher anders aus. „Da gehen doch nur Leute hin, die gar nichts mehr haben. So schlecht geht es mir nicht“, dachte Annegret vor zwei Jahren noch. Die ehemals Selbstständige arbeitete immer, hielt nichts von einem Leben auf Kosten des Staates. Mit 53 Jahren wurde sie arbeitslos, musste sich eingestehen: Ohne die Hilfe des Warenkorbes kann sie sich nicht mehr ernähren. Der erste Gang zum Boeler Kirchplatz war ihr unangenehm. „Was wäre, wenn mich jemand erkannt hätte? Das war mir peinlich“, erzählt die heutige 56-Jährige und zeigt ihren Ausweis zur Registrierung am Eingang vor.
Diesen muss sie dabei haben, wenn sie sich Lebensmittel holt. Dort steht der Name, ob man Kinder hat und für wie viele Personen eingekauft wird. „So verhindern wir, dass Leute ihren Ausweis weitergeben und noch mal darüber bei uns einkaufen“, erklärt Daniel Meyer von der Caritas. 3660 Kunden nutzen den Dienst des Warenkorbes. 1617 sind Kinder. Eine Zahl, die Caritas-Mitarbeiterin Tatjana Flatt schockiert. Die Kinderarmut sei gestiegen in den letzten Jahren, meint Flatt. Ebenso die Zahl der Rentner, die zum Warenkorb kommen. „Obwohl die Älteren sich schämen, dass sie uns nötig haben. Die Jüngeren haben weniger Berührungsängste“, meint Flatt. Es sind viele Menschen mit regelmäßigem Gehalt, die zum Warenkorb kommen. „Sie kommen damit nicht aus. Die Löhne werden geringer, die Lebenshaltungskosten steigen. Da ist der Gang zu uns unvermeidlich.“
Warenkorb ist ein Kleinbetrieb
Deswegen würde sich die Caritas-Mitarbeiterin auch mehr Hilfe vom Bund wünschen. Oftmals fühle man sich allein gelassen, es sei ein „Balanceakt“ allen gerecht zu werden. „Im Prinzip führen wir einen Kleinbetrieb. Mit fünf Fahrzeugen und anderen Kosten wie der Miete. Die Menschen brauchen uns. Da wäre mehr finanzielle Unterstützung hilfreich“, sagt Tatjana Flatt. Natürlich lebt der Warenkorb der Caritas größtenteils von Spenden, ist besonders auf die Lebensmittel von Supermärkten angewiesen. Denn diese liefern ihre Waren, die sie nicht mehr verkaufen können oder wollen, an den Warenkorb.
Hier sortieren die ehrenamtlichen Helfer dann die Waren. Obst und Gemüse in die eine Ecke, Joghurt und frische Soßen in die Kühltheke. Rosemarie Butzek arbeitet seit drei Jahren hinter der Theke in Boele - ehrenamtlich versteht sich. Sie packt jeden Dienstag einen Korb für die Nonnen aus Boele. Sie haben Gottesdienst und können nicht pünktlich kommen. „Meine Nönnkes vergesse ich niemals. Sie beten immer für mich, wenn sie sich ihren Korb abholen.“
Frisches Obst und Gemüse gibt es für alle, auf Wünsche wird eingegangen, so gut es geht. Joghurt gibt es nur für die Kinder. Die beiden, die sich die Nasen platt drückten, wollen Fruchtzwerge. Anouar und Kauthar haben noch sechs Geschwister. Ihre Mama begleiten sie, damit sie die Tüten nicht allein schleppen muss. Trotz der Großfamilie bekommen sie auch nicht viel mehr als andere.
„Wir müssen alles gerecht einteilen, damit diejenigen, die am Ende des Tages kommen, auch noch etwas abbekommen“, erklärt Birgit Dietzel-Klaus, die seit fünf Jahren mithilft. Denn genug hat der Warenkorb nie. Nach drei Stunden sind alle Lebensmittel weg.