Hagen-Halden. . Ein Rentnerpaar wollte im letzten Jahr Urlaub auf Lanzarote machen. Doch zwölf Tage vor Reisebeginn musste der Mann ins Krankenhaus: ihm wurde das Bein abgenommen. Damit hätte die Reiserücktrittsversicherung greifen müssen. Doch die Versicherung verweigert die Zahlung. Nun entscheidet das Gericht.
Es gibt ein geläufiges Vorurteil: Versicherungen drücken sich vor einer Zahlung, wo sie nur können. Im Fall von Horst Winter (64) aus Halden hat es die „Zurich Insurance“ (Köln) allerdings auf die Spitze getrieben: Eine Beinamputation berechtige nicht zum Reiserücktritt.
Das Rentnerpaar Horst und Gerda (69) Winter aus dem Lennetal hatte sich so sehr auf diesen Urlaub gefreut. Drei sonnige Wochen im Mai 2012 sollten es werden, auf der kanarischen Insel Lanzarote, die um diese Jahreszeit schon angenehme 24 Grad warm ist. Bereits im November wurde die Reise gebucht und bezahlt. Hin- und Rückflug mit Air-Berlin, sowie 21 Übernachtungen im Wohlfühl-Hotel „Seaside“ – zum Gesamtpreis von 4441,96 Euro (für zwei Personen). Reiserücktrittsversicherung inklusive.
Nekrose als grauenhafter Befund
Doch dann, zwölf Tage vor Reisebeginn, konnte Horst Winter mit seinem rechten Bein plötzlich nicht mehr auftreten. Im Bereich der Zehen und der Ferse spürte er starke Schmerzen. Der 64-Jährige ging sofort zum Arzt und wurde direkt ins Krankenhaus überwiesen. „Nekrose“ lautete der wahrlich unerfreuliche Befund, denn darunter verstehen Mediziner das Absterben von Gliedern. „In seinem Zustand darf der Patient ein Flugzeug nicht betreten“, attestierten die Ärzte im Dortmunder St.-Johannes-Hospital und nahmen Horst Winter stationär auf. Das rechte Bein musste ihm abgenommen werden.
Damit hatte sich die geplante Lanzarote-Reise erledigt und der nicht angetretene Urlaub wurde zu einem Fall für die Reiserücktrittsversicherung. Nachdem sowohl TUI als auch Air-Berlin ihren vertraglich verpflichteten Anteil vom Reisepreis rückerstattet haben, sind noch 2891,96 Euro offen. Doch die „Zurich Insurance“ – führender Versicherungskonzern der Schweiz und mit rund 60.000 Mitarbeitern in 170 Ländern vertreten – verweigert hartnäckig die Zahlung.
Winter hätte „Amputation voraussehen müssen“
Unglaubliche Begründung: Bereits zwei Jahre zuvor, im Juni 2010, hatte sich Horst Winter einer Bypass-Operation am linken Bein unterziehen müssen. Deshalb hätte er die Amputation seines rechten Beines „voraussehen müssen“ und hätte „eine derartige Reise gar nicht erst buchen dürfen“.
„Eine Unverschämtheit“, findet die taffe Rechtsanwältin Christiane Schramm, „und unglaublich kaltschnäuzig, wie man sich hier trickreich vor der Zahlung drücken will.“ Sie hat die Reiserücktritts-Versicherung vor dem Amtsgericht auf Zahlung verklagt (Az. 140 C 30/13). „Horst Winter war nach der ersten Operation 2010 wieder völlig beschwerdefrei, danach sogar noch zweimal auf Lanzarote, in Berlin und im Westerwald.“
Anwältin Schramm fragt sich außerdem: „Was hat das linke Bein mit dem rechten Bein zu tun?“
Richter Uwe Fels hat bereits angekündigt, ein medizinisches Gutachten einholen zu wollen. Für die „Zurich Insurance“ wird der Fall dann wohl richtig teuer. Gerda Winter greift ihren Mann an den Arm: „Seit zehn Monaten liegt mein Horst schon im Krankenhaus und dazu noch der Ärger mit der Versicherung. Das ist herzlos.“