Hagen. Minus-Temperaturen und Schnee locken dieser Tage die Rodler in den Stadtpark. Die Pisten halten so manche Überraschung bereit.

Der eiskalte Fahrtwind fegt durch jede Lücke in der Kleidung, Schnee spritzt auf - erst als die eisernen Kufen über den von Schnee befreiten Gehweg kratzen, kann wieder durchgeatmet werden. „Gewonnen“, jubelt Timo und steigt von seinem Schlitten.

Gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester Sarah macht der Neunjährige den Stadtpark unsicher, der sich in den letzten Tagen zur Rodelarena entwickelt hat. Wann immer sie Zeit haben, schultern sie ihre Schlitten und machen sich auf den Weg in den Park. Ihre Gefährte zeigen, wie sich der klassische Schlitten im Laufe der Jahrzehnte verändert hat: Während Sarah auf einem roten Kunststoff-Teller den Hang hinunterrutscht, zeigt Timo stolz sein auf Kufen montierte Sitzschale mit Lenkung und Bremse.

Erinnerungen an die „wilde Zeit“

„Damit bin ich garantiert schneller als du“, fordert er den mehr als doppelt so alten Reporter heraus - und tatsächlich, mit seinem altmodischen Modell „Holz auf Eisen“ kann der nicht mithalten. Doch nicht nur er setzte auf diese bewährte Technik: Zahlreiche Väter und Mütter stürzen sich auf Holzgefährten wagemutig mit den Kindern vorne drauf den Hang hinunter.

Doppelter Rodelspaß: Die Pisten im Stadtgarten sind in gutem Zustand.
Doppelter Rodelspaß: Die Pisten im Stadtgarten sind in gutem Zustand. © WP Michael Kleinrensing

Beate Fechter allerdings fährt auch gerne ohne Nachwuchs auf dem Schlitten: Die 39-jährige rodelte schon im Stadtpark, als sie selbst noch ein Dreikäsehoch war. „Mein Vater hat hier früher nachts die Piste bewässert, damit wir tagsüber ideale Bedingungen hatten“, erinnert sie sich an die „wilden Zeiten“ in der Rodelarena Stadtpark. Heute kommt sie immer wieder gerne hierhin zurück und kennt jede Strecke: „Kommen Sie mal mit, wir fahren von ganz oben“, sagt sie und geht voran. Hinter dem asiatischen Restaurant am oberen Ende des Parks beginnt ein Fußweg, der sich bis unten an die Straße „Elfriedenhöhe“ schlängelt - und ein Rodelerlebnis ermöglicht, wie es sonst nur in der dörflichen Umgebung Hagens zu finden ist.

Beinahe Alpine Verhältnisse

Zahlreiche Kurven, Abflussrillen und eine Brücke rauschen vorbei, als es diese beinahe alpine Abfahrt hinuntergeht. Unten markiert die geräumte Straße das Ende - doch das war nicht immer so, erzählt Fechter: „Wenn man meinem Vater glaubt, konnte man früher auf dem Schlitten noch die Straße überqueren und auf der Fußgängerbrücke über den Bergischen Ring fahren.“

Der kleine Timo weiß von alledem nichts, doch er ist auch so rundum zufrieden. Für ihn ist es schon aufregend genug, den Hang von ganz oben anzufahren, auf seinem Schlitten den kleinen Mauervorsprung herunter zu springen und sich unten auf der Piste kunstvoll zu überschlagen. „Das tut nicht weh, ich mache das ja absichtlich“, ruft er hinauf. Seine Schwester Sarah schüttelt verständnislos den Kopf: „Mir tut das ja schon weh, wenn ich mit dem Teller hier über einen Stein fahre.“

Bestens präparierte Piste

Noch etwa 30 andere Schlittenfahrer tummeln sich auf dem Hang, der dadurch bestens präpariert ist: Auch wenn nur wenige Zentimeter Schnee liegen, ist es, als hätte dort am Vormittag eine Pistenraupe ihre Bahnen gezogen. Doch der Eindruck täuscht, denn im Stadtpark gibt es schließlich keinerlei Pistenaufsicht. Dass das mitunter nicht ungefährlich ist, merken die Wintersportler spätestens, wenn sie stürzen: Um samt Gefährt sicher von der Strecke zu kommen, braucht es eine gute Mischung aus Glück und Mut.

Wie es übrigens unter der weißen Pracht aussieht, mag man sich gar nicht vorstellen. Doch spätestens, wenn das Tauwetter wieder einsetzt, wird sich die Kehrseite des Winterspaßes in Form von hässlichen braunen Stellen zeigen. Aber noch soll es ja erst einmal kalt bleiben.