Hagen. Obwohl das Interesse an den Bufdi-Stellen groß ist, glaubt Jens Kreuter, Beauftragter für die Freiwilligendienste, dass auch die Absolventen des doppelten Abiturjahrgangs gute Chancen haben: „Es sind noch jede Menge Plätze frei.“ Interessierte sollten sich aber rechtzeitig um die Bewerbung kümmern.

Auf Werbetour müsste Jens Kreuter, Leiter des Arbeitsstabes Freiwilligendienste im Bundesfamilienministerium eigentlich nicht gehen: Allen Bedenken zum Trotz gibt es eineinhalb Jahre nach dem Start des Bundesfreiwilligendienstes mehr als genug Bewerber. Weil sie es geschafft haben, in kurzer Zeit so viele Menschen für den BFD zu begeistern, hat Kreuter nun der Evangelischen Jugend im Kirchenkreis Hagen einen Besuch abgestattet.

Mehr Bewerber als Stellen - hätten Sie das erwartet, als der Bundesfreiwilligendienst vor eineinhalb Jahren quasi über Nacht den Zivildienst ersetzen musste?

Jens Kreuter: Nein, mit solchen Zahlen hatte ich nicht gerechnet. Wir haben mittlerweile in Deutschland 85.000 Freiwillige, wenn man die Teilnehmer des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) und des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) zusammen rechnet. Das sind 10 Prozent eines Geburtsjahrgangs. Wir haben also den Zivildienst rechnerisch schon im ersten Jahr ausgeglichen.

Tatsächlich? Die Sozialverbände beklagen, dass es früher mehr Zivildienststellen gab als heute Plätze für den Bundesfreiwilligendienst. Das Deutsche Rote Kreuz in Westfalen-Lippe hatte zum Beispiel 300 Zivi-Stellen und heute nur 146 Bufdi-Plätze.

Kreuter: Die Rechnung geht nicht auf. Wir hatten damals bewusst mehr Plätze anerkannt als es tatsächlich Zivildienstleistende gab. Seit Jahren waren mehr als die Hälfte aller Zivi-Stellen unbesetzt. Ich rechne daher anders: Es gab zuletzt 90.000 Zivildienstleistende, die allerdings nur auf sechs Monate verpflichtet waren. Pro Jahr sind das also 45.000 Mannjahre. Wir haben heute aber mehr als 45.000 Freiwillige zusätzlich, wenn man die BFDler und die FSJler zusammenrechnet. Denn die Zahl der FSJler ist um mehr als 10.000 gestiegen.

Die Wohlfahrtsverbände berichten, dass sie noch mehr Stellen besetzen könnten und viele Freiwillige keinen Platz finden.

Kreuter: Mehr Freiwillige als Stellen - das ist ein erfreuliches Luxusproblem. Der Bund gibt 300 Millionen Euro für Freiwilligendienste aus. Der Zuschuss für den Bundesfreiwilligendienst beträgt über 160 Millionen Euro. Das zu verdoppeln wäre eine Menge Geld. Irgendwann ist der Etat erschöpft.

Viele Abiturienten brauchen keinen Orientierungsphase 

Im kommenden Jahr verlässt in NRW aber der doppelte Abiturjahrgang die Gymnasien. Wäre das nicht ein Grund, mehr Stellen zu schaffen?

Kreuter: Der Bundeszuschuss verteilt sich jedes Jahr neu auf die Länder. In den Jahren zuvor gab es in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen Doppeljahrgänge. Das ist auch glimpflich abgegangen. Damals haben die Wohlfahrtsverbände aus ihrem Kontingent dort mehr Stellen eingerichtet als in anderen Ländern. Ich gehe davon aus, dass sie diese im kommenden Jahr auf NRW umverteilen.

Es werden aber kaum doppelt so viele Stellen werden, oder?

Kreuter: Die Abiturienten bekommen nun seit acht Jahren eingetrichtert, dass sie es schwer haben werden. Viele haben sich daher schon früh und ernsthaft überlegt, was sie tun wollen. Das heißt, die Gruppe derer, die den BFD als Orientierungsphase nutzt, ist im Doppeljahrgang kleiner. Im Übrigen sind in NRW bisher nur ein paar hundert von mehr als 7000 Stellen besetzt. Es sind also noch jede Menge Plätze frei. Natürlich ist es empfehlenswert, sich so früh wie möglich zu kümmern.