Hagen-Mitte. . Mit verlängerten Schulstunden haben das Ricarda-Huch- und das Fichte-Gymnasium auf die Erkenntnisse der Pisa-Studien und die damit verbundenen pädagogischen Herausforderungen reagiert. Seit Beginn des Schuljahres dauert eine Schulstunde an den beiden Gymnasien 67,5 statt der herkömmlichen 45 Minuten.
Das habe die Lernkultur verändert, berichtet Johannes Krüsemann, Leiter des Ricarda-Huch-Gymnasiums (RHG): „Die verlängerten Stunden fördern die Eigenverantwortung der Schüler sowie selbstständiges Lernen und Kompetenzorientierung.“
Das neue Unterrichtsmodell hat den Schulalltag umgekrempelt, zugleich aber organisatorische und pädagogische Vorteile gebracht. Aus 1,5 Unterrichtsstunden (45 plus 22,5 Minuten) ist eine neue Stunde geworden, der 6-Stunden-Schultag im alten 45-Minuten-Modell ist einem 4-Stunden-Tag gewichen. „Dadurch müssen wir weniger Schulbücher schleppen“, sagt Ayse Colakoglu (14). „Die Schultaschen sind jetzt viel leichter.“
Die längere Unterrichtsstunde ermöglicht zudem, dass Lehrer und Schüler ein Thema vertieft behandeln können. Gruppen-, Partner- und Freiarbeit sind wesentlich effizienter umzusetzen als wenn der Unterricht nach 45 Minuten endet. In den naturwissenschaftlichen Fächern bleibt nun Zeit, Experimente auszuwerten und den Versuch nicht an einer spannenden Stelle abbrechen zu müssen. „Und die Sportstunde ist nicht gleich nach dem Aufbauen der Geräte wieder beendet“, nennt Ceyda Günes (14) ein weiteres Beispiel.
Ins Schulleben ist mehr Ruhe eingekehrt
Hektik und Alltagsstress an den beiden Gymnasien haben deutlich abgenommen. Da weniger Raumwechsel nötig sind, haben die für die Minipausen so charakteristischen Knüffe, Hänseleien und Streiche nachgelassen. „Ins Schulleben ist eine größere Ruhe eingekehrt“, fasst Krüsemann die Situation zusammen.
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Beschlossen und zunächst auf zwei Jahre begrenzt wurde das 67,5-Minuten-Modell von den Schulkonferenzen; bewährt es sich, soll es unbefristet verlängert werden. Gabriele Kemper, stellvertretende Schulleiterin am RHG, ist überzeugt davon, dass das System für einen zeitgemäßen Unterricht bestens geeignet ist: „In die Klasse rein, Wissen vermitteln und aus der Klasse raus - damit wird ein Lehrer den Schülern heutzutage nicht mehr gerecht.“
Lehrer können in 67 Minuten ein Thema besser behandeln
Der Unterricht ziele weniger auf Wissens- als vielmehr auf Kompetenzorientierung ab. Und methodisches Lernen, Freiarbeit oder auch Wochenarbeitspläne seien in längeren Unterrichtseinheiten Erfolg versprechender umzusetzen. Zudem könnten die Lehrer ein Thema in 67 Minuten abgerundet behandeln und müssten den Stoff nicht so abrupt wie in der herkömmlichen Dreiviertelstunde beenden.