Hagen. . Es waren Szenen wie aus einem Actionfilm. Zwei junge Männer rasen in einem Opel Astra durch die Stadt Hagen. Auf der Motorhaube des Autos: Ein weiterer junger Mann, der um sein Leben kämpft. Nun müssen sich die Tatverdächtigen des Szenarios wegen versuchten Totschlags vor dem Landgericht verantworten.

Diese Szene stammt nicht aus einem billigen Actionfilm, sondern hat sich in Hagen im Juni tatsächlich so zugetragen: Ein Opel Astra rast frühmorgens mit überhöhter Geschwindigkeit in Schlangenlinien durch die Stadt. Auf der Motorhaube des Autos liegt ein junger Mann (21), krallt sich mit letzter Kraft an der Dachreling fest und kämpft verzweifelt um sein Leben. Vom Beifahrersitz aus wird die vier Kilometer lange Horrorfahrt mit einem Handy gefilmt und dabei das Opfer verhöhnt: „Wir haben gerade einen verrückten Türken auf dem Dach.“

Versuchter Totschlag lautet seit gestern der Hauptanklagevorwurf vor dem Schwurgericht – dahinter steckt ein schier unglaublicher Fall. Im Landgericht sind Markus P. (20) vom Tücking (der Fahrer) und Beifahrer Daniel M. (22) aus Vorhalle angeklagt. Aber auch der Mann, der sich von der Motorhaube fallen ließ und dabei im Gesicht und an Armen und Beinen verletzte, sitzt mit auf der Anklagebank.

Es ist Ruhi C. (21), dem Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen werden. Der aggressive Macho hatte durch sein unbeherrschtes Verhalten („Ich bin außer Kontrolle geraten“) den späteren Vorfall heraufbeschworen.

Horrorfahrt begann am McDrive in Vorhalle

Die Geschichte beginnt in den frühen Morgenstunden des 25. Juni vergangenen Jahres, beim McDrive in Vorhalle. Der Wagen mit Ruhi C. steht an der Hamburger-Ausgabe, dahinter warten die beiden anderen Angeklagten in ihrem Auto. Als diese einmal kurz auf die Hupe drücken, fühlt sich der gut durchtrainierte Türke provoziert: „Die haben mich ausgelacht, da bin ich ausgerastet.“

Er steigt aus seinem Wagen, läuft auf den Opel Astra zu, reißt die Fahrertür auf und versetzt Markus P., der völlig überrumpelt hinterm Lenkrad sitzt, zwei kräftige Ohrfeigen. „Ich war total geschockt“, sagt Markus P. und schluckt. „Mit südländischen Mitbürgern“, formuliert er bewusst vorsichtig, „habe ich schon zwei schlechte Erfahrungen gemacht.“ Einmal hätte er während seiner Zeit an der Hauptschule in eine gezückte Messerklinge geblickt. Ein anderes Mal sei sogar auf ihn geschossen worden.

Als Ruhi C. dann auch noch mit der Faust gegen die Scheibe hämmert und zwei-, dreimal gegen die Beifahrertür tritt, „da kam diese ganze Angst wieder hoch. Mir ging ein ganzer Kinostreifen durch den Kopf“, rechtfertigt sich Markus P. dafür, dass er schließlich mit seinem Opel Astra direkt auf den Angreifer zufuhr und diesen auf die Fahrzeugfront „lud“.

Im Zickzack und über rote Ampeln durch Eckesey gerast

Die Fahrt ging in rasantem Tempo über die B54 durch Eckesey, über die Altenhagener Brücke und rote Ampeln. Immer wieder Zickzack, um „den lästigen Mitfahrer abzuwerfen“. Der junge Türke umklammerte derweil krampfhaft die Dachreling, zappelte zwischen Motorhaube und Autodach, zwischen Leben und Tod. Am Emilienplatz gelang es ihm, sich vom Dach fallen zu lassen, kurz bevor es auf die Autobahn gehen sollte.

Im Fahrzeug saß Daniel M. amüsiert auf dem Beifahrersitz, filmte alles mit dem Handy und kommentierte belustigt: „Fahr’ doch noch mal drüber“, flachste er und meinte damit den vom Autodach Gestürzten, der leblos am Straßenrand lag.