Vorhalle. . Die Insolvenz der Drogerie-Kette Schlecker hat nicht nur die Mitarbeiterinnen hart getroffen. In Vorhalle verabschiedete sich das Unternehmen ohne einen letzten Gruß an Vermieter Michael Erdtmann und hinterließ ein heruntergekommenes Ladenlokal.
Elf Schlecker-Filialen gab es einst in Hagen, keine von ihnen ist übrig geblieben. Die Insolvenz der Drogeriekette hat nicht nur die ehemaligen Mitarbeiterinnen hart getroffen, auch Michael Erdtmann (52) steht vor einem Scherbenhaufen. Der Besitzer des Ladenlokals in der Vorhaller Straße, in dem die örtliche Schlecker-Filiale 22 Jahre lang residierte, beklagt einen Schaden von sage und schreibe 38.000 Euro. Schlecker hat beim Auszug ein chaotisches Durcheinander hinterlassen, so dass man meinen könnte, in dem Geschäft hätten Messies gehaust.
Vergilbte und zerschlissene Tapeten, Löcher im Fußboden, kaputte Leuchten, abgerissene Heizkörper, ekelhafte Sanitärräume - Erdtmann muss das gut 200 Quadratmeter große Ladenlokal von Grund auf renovieren. Nach dem Ausverkauf Ende Juni schloss der Groß-Drogerist die Filiale ohne ein Wort des Abschieds an den Vermieter, den Schlüssel zum Geschäft bekam Erdtmann Tage später per Einschreiben zugeschickt. Das ungehörige Verhalten der Schlecker-Führung kann Erdtmann, Angestellter einer Versicherungsgesellschaft, verschmerzen. Als er sein Haus endlich in Augenschein nehmen konnte, fiel er jedoch aus allen Wolken: „Wie eine Rattenhöhle sah es aus, ich bin fast irre geworden“, berichtet er.
Neben den Zerstörungen an Inventar und Gebäude hatte Schlecker Berge von Müll und Unordnung hinterlassen. Auf ein Gewicht von fünfeinhalb Tonnen schätzt Erdtmann den Schrott, den er aus dem Geschäft fortschaffen lassen musste. Was noch halbwegs intakt war, schenkten er und seine Frau Doris den örtlichen Sportvereinen sowie der Vorhaller Palette. Beim Entkernen des Lokals fand Erdtmann nicht nur Drogeriewaren, die hinter die Regale gerutscht und liegengelassen worden waren, er stieß auch auf die Geschäftsbücher der Filiale. Fein säuberlich waren darin die Umsätze der vergangenen Jahre notiert: „Die Filiale hat 50.000 Euro Umsatz gemacht und gehörte zu den am besten laufenden Schlecker-Läden in Hagen“, fand Erdtmann heraus. Aber auch Akteneinträge über die Mitarbeiterinnen und ertappte Ladendiebe entdeckte er in den Dokumenten. Nicht auszudenken, wenn die Papiere einem Unbefugten in die Hände gefallen wären, der sie im Internet veröffentlicht hätte. Erdtmann dagegen hat die Protokolle inzwischen schreddern lassen.
Zwar hat er beim Insolvenzverwalter Ansprüche geltend gemacht, doch im Grunde weiß er, dass er auf dem immensen Sachschaden sitzen bleiben wird: „Da ist wohl nichts zu holen.“ Immer wieder würden ihn die Leute fragen, was denn nun aus dem Geschäft mitten in der Vorhaller Einkaufszone werde. Ein „Laden um die Ecke“ wie in der ehemaligen Schlecker-Filiale im Gerichtsviertel, wo es neben Drogerie- und Haushaltsartikeln auch Spirituosen, Tabak, Zeitungen und Lebensmittel zu kaufen gibt, schwebt Erdtmann vor: „Das wäre ideal für unseren Stadtteil.“ Und brächte wieder Ordnung in das Haus und in das Leben von Michael Erdtmann.