Hagen.. Mit der “Schach für Kids“-Initiative hat Ralf Schreiber schon mehr als 300 Kindergärten gewonnen, in denen den Kleinsten das Spiel der Könige beigebracht wird. Angefangen hat der Betriebswirt aus Sprockhövel in der eigenen Familie. Nun will er das Projekt auch nach Hagen bringen.
Als Ralf Schreiber seiner zweieinhalb Jahre alten Tochter Sarah das Schachspiel beibrachte, nutzte er ein Lockmittel, für das ihn Pädagogen vermutlich erschlagen würden: Smarties. Statt mit Königen, Damen, Läufern und Bauern belegte der Vater das Spielfeld mit den bunten Schokobonbons, und jedes Mal, wenn das Mädchen einen guten Zug ausgeführt hatte, durfte es eine der leckeren Spielfiguren aufessen. „Das hat ihr riesigen Spaß gemacht“, schwelgt Schreiber noch heute in seliger Erinnerung. „Aber ihr Denken und ihre Fantasie haben regelrechte Entwicklungsschübe erlebt.“
Die Duelle mit seiner Tochter am heimischen Brett haben den 53-jährigen Betriebswirt aus Sprockhövel dazu veranlasst, ein einzigartiges Projekt ins Leben zu rufen: die Initiative „Schach für Kids“, der sich deutschlandweit bereits mehr als 300 Kindergärten angeschlossen haben und die Schreiber nun nach Hagen bringen will: „Schach ist ein komplexes Spiel, das Lernschwächen und Konzentrationsstörungen bei kleinen Kindern begegnet und gleichzeitig Spielfreude, Neugier und Lust auf Begegnung weckt“, sagt er. Als pädagogisches Hilfsmittel fördere das Spiel der Könige Raumgefühl und logisches Denken: „Und die Kinder lernen, vorausschauend zu denken. Das ist im Leben sehr wichtig.“
Erzieherinnen lernen Schach
Oberbürgermeister Jörg Dehm und Sportamtsleiter Hans-Werner Wischnewski hat der passionierte Schachspieler mit seinen Argumenten überzeugt. Sie begrüßten im Rathaus Erzieherinnen aus 15 Kindergärten, die den ambitionierten Denksport in ihren Einrichtungen etablieren möchten. Zunächst müssen sich die meisten von ihnen aber erst selbst mit den Regeln des ambitionierten Denksports vertraut machen. „Stimmt, ich kann noch gar nicht Schach spielen“, so Erzieherin Rebecca Salten. Aber das könne sie schließlich lernen: „Ich bin schon gespannt, ob die Kinder es mögen, auch wenn es vielleicht nicht für jedes Kind geeignet ist.“
Als Grundausstattung erhielten die Kindergärten Schachbretter mit Figuren, Übungshefte, Erfolgsaufkleber und Urkunden. Es gehe keineswegs darum, möglichst viele Kinder zu ausgebufften Schachspielern heranzubilden, so Schreiber: „Es reicht schon, wenn sie sich mit dem Spiel und den dreidimensionalen Gangarten der Figuren beschäftigen.“ Die Persönlichkeit der kleinen Menschen werde dann von ganz allein positiv beeinflusst.
Der ideale Pate
Beim Schachspiel geht es bekanntlich nicht zuletzt darum, strategische Entscheidungen und - beim Blitzschach - schnelle Entschlüsse zu fassen. Kennzeichen, die eine Brücke zum Basketball schlagen, wo eine hohe Auffassungsgabe ebenfalls nicht schaden kann. Bernd Kruel (36), seines Zeichens Profi in Reihen des Bundesligisten Phoenix Hagen, ist daher der ideale Pate für das Schach-Projekt. In seiner Freizeit sitzt der zweifache Familienvater mit seinen Kindern Noah (8) und Mara (5) gern über einem Brettspiel: „Ich bin anscheinend ein Mensch vom alten Schlag“, überlegt er. „Elektronische Spiele sind nicht mein Fall.“ Auch für die Entwicklung von Kindern sei es allemal besser, Schach zu spielen statt vor dem Computer zu daddeln. Und die Figuren müssen ja nicht immer durch Smarties ersetzt werden.