Hagen-Helfe.. Schleichend erobert die Natur, was einst ihres war. Das Unkraut wuchert meterhoch. Was nicht verwundert. Im Schutze der Bauzäune kann es ungestört sprießen. Die meterhohen Gitterwände bewahren die seitlichen Betontribünen vor denen, für die sie Anfang der 80er Jahre geschaffen wurden: vor Zuschauern.
Der eigentliche Sinn ist aber, dass die Menschen geschützt werden. Weil die Stufen der Stehplätze der Bezirkssportanlage Helfe seit fünf Jahren wegbrechen, sind sie gesperrt. Auf den immerhin überdachten Sitzplätzen hat sich eine Zentimeter dicke Schicht von roter Asche gelegt, die Wind und Fußballschuhe vom nahen Platz herübergetragen haben. Auch auf dem gepflasterten Weg in Richtung Umkleidekabine ist das Grün unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Die Balustrade rund um den Platz ist in einem bedauernswerten Zustand. Die Kassenhäuschen spotten jeder Beschreibung.
Seeler würde sich heute wohl nur noch abwenden
Oben auf der Tribüne stehen die Verantwortlichen der Vereine, die hier neben Gesamt- und Grundschülern Sport treiben. Jan Rautenstrauch vom marokkanischen Fußballverein Al Seddiq, Manfred Dittrich und Jürgen Häring vom TSV Kabel und Siegfried Howind und Günter Imhof vom SV Boele Kabel. Sie blicken auf eine Sportanlage, die diesen Namen kaum mehr verdient. Und sie denken zurück an eine andere Zeit, als eine Auswahl von Altinternationalen um das Fußball-Idol Uwe Seeler hier kickte. Das war am 11. Juni 1982. Und Seeler würde sich heute wohl nur noch abwenden.
So wie es die Spieler der beiden hier ansässigen Fußball-A-Kreisligisten tun, die die Sorge haben, dass sie sich auf dem Acker Bezirkssportanlage ernsthafte Verletzungen zuziehen. „Was für die gesamte Anlage gilt, gilt auch für die Spielfläche“, sagt Günter Imhof, Vorsitzender der Sportvereinigung Boele-Kabel, „sie ist in einem katastrophalen Zustand. Hier ist von Anfang an so viel schief gelaufen - der Platz ist einfach fertig.“
Der Platz und das Drumherum: Nicht mal einen Kaffee für die Zuschauer könne man hier kochen, erklärt Jan Rautenstrauch. Der wird in Thermoskannen aus dem Vereinsheim herbeigeschafft.
"Auch die Nutzer sind mit in der Verantwortung"
Wer ihn wieder loswerden will, muss sich auf eine Odyssee begeben. Zuschauer, die versuchen, dem Schild „Toilette“ zu folgen, landen im Nichts. „Frauen müssen die Männerkabinen in der Gesamtschule nutzen, Männer erledigen ihre Geschäfte hinter der Tribüne.“
Dabei suchen die Vereinsvertreter nicht nur die Schuld bei der klammen Kommune, die - vertreten durch die Gebäudewirtschaft Hagen - den Platzwart einst durch einen Objektbetreuer ersetzt hat. „Auch die Nutzer sind mit in der Verantwortung“, sagt Jürgen Häring. So sei man - darin sind sich alle einig - ja durchaus bereit, sich auch als Verein zu engagieren. „Aber wo will man den hier loslegen?“
Kein Platz für überzogene Erwartungen
Immerhin hatte die Stadt im März einen Anfang gemacht und den Belag überarbeitet. Der Wille war da. „Gebracht hat es wenig“, sagt Günter Imhof, „die Anwohner beschweren sich über den Staub. An trockenen Tagen mit Spiel- oder Trainingsbetrieb können sie die Wäsche nicht auf den Balkon hängen.“
Der Fall „Helfe“ ist auch beim Servicezentrum Sport der Stadt Hagen (ehemals Sportamt) bekannt. Die Verwaltung überlegt, die Stehplatztribünen, die nicht benötigt werden, durch Rasen zu ersetzen. Auch mit den Nutzern will man bald sprechen. „Wir haben uns ja bereits mit den Vereinen getroffen und werden das im Juli noch einmal tun“, sagt Hans-Werner Wischnewski. „Da werden wir genau überlegen, was die Stadt und was die Vereine leisten können.“ Gleichzeitig warnt er angesichts der leeren Stadtkassen vor überzogenen Erwartungen.