Hagen. Der Hagener Energieversorger sieht derzeit keine Perspektiven mehr für konventionelle Kraftwerke, weil sie sich nach der Energiewende mangels ausreichender Auslastung nicht mehr rechnen. Anders als RWE und viele andere Versorger wollen die Enervie-Töchter Mark-E und Stadtwerke Lüdenscheid ihre Strompreise bis zum Jahresende nicht erhöhen.
Die Folgen der forcierten Energiewende torpedieren die strategische Investitionsplanung der Enervie-Gruppe (Mark-E, Stadtwerke Lüdenscheid). Der regionale Energieversorger verwirft seine ursprüngliche Absicht, den eigenen Kraftwerkspark bis 2020 mit zwei weiteren Gas- und Dampf (GuD)-Anlagen zu erweitern. „Wir werden jetzt gar keine Kraftwerke zubauen“, kündigte Enervie-Vorstandssprecher Ivo Grünhagen auf der Bilanzpressekonferenz an.
Grund: Mit der zunehmenden Einspeisung erneuerbarer Energie in die Netze sinkt zugleich der Bedarf an konventionell erzeugten Kapazitäten. Folge: Mangels Auslastung rechnen sich Gas - und Kohlekraftwerke nicht mehr. „Alle verlieren derzeit in der Energieerzeugung Geld - das kann auf Dauer nicht so bleiben“, sagte Grünhagen. Wegen sinkender Einkaufspreise für Strom aus Gas und Kohle musste Enervie nach seinen Angaben allein binnen drei Jahren bis Ende 2010 Ergebniseinbußen von 45 Millionen hinnehmen. Ein anhaltender Trend, der in der Branche schließlich zur Abschaltung bestehender Kraftwerke führen könnte, wie Grünhagen warnte.
Für die Energiewende gut aufgestellt
„So lange die Kosten nicht gedeckt sind, steht die Versorgungssicherheit auf der Kippe“, sagte Vertriebs-Vorstand Wolfgang Struwe. Auch Enervie schließt eine Stilllegung älterer Blöcke wie am Standort Werdohl zumindestens nicht aus. Dabei gebe es angesichts des Atomausstiegs mittelfristig durchaus Bedarf für neue Kraftwerke,so Technik-Vorstand Erik Höhne. „Wenn sich die Märkte wieder drehen, sind wir auch gerne wieder bereit zu investieren.“
Ungeachtet dessen sieht sich Enervie für die Energiewende gut aufgestellt. Bis 2020 will das Unternehmen 240 Megawatt (MW) Strom aus Windkraft erzeugen. Dazu hat Enervie seit Ende 2011 bereits zwei Anlagen im Hunsrück und in der Eifel mit einer Leistung von zusammen 40 MW erworben. Auch in Südwestfalen sondiert der Versorger das Terrain nach geeigneten Standorten und sieht, so Höhne, „gutes Potenzial im wesentlich für einzelne Windräder“.
Nach dem Muster einer bereits mit den Stadtwerken Hemer vereinbarten Kooperation plant Enervie dazu Windkraft-Allianzen mit regionalen Kommunen. Bis zum Jahresende soll zudem die Standortsuche für das gemeinsam mit den Stadtwerken Düsseldorf in Südwestfalen geplante Pumpspeicher-Kraftwerk auf zwei bis drei Alternativen verengt werden, wie Höhne ankündigte.
Vorerst keine Tariferhöhungen
Gute Nachrichten gibt es - vorerst - für die Stromkunden von Mark-E und den Stadtwerken Lüdenscheid: Anders als RWE und viele andere Versorger planen die Enervie-Töchter derzeit keine Tariferhöhungen. „Wir können unseren Kunden versprechen, dass die Strompreise bis zum 31. Dezember stabil bleiben“, sagte Struwe.
Schon zum Jahreswechsel könnte es aber teurer werden, wenn - wie derzeit absehbar - die Umlage für Erneuerbare Energien angehoben wird. Nicht ausschließen wollte Struwe zudem eine Erhöhung der Gaspreise bereits im Herbst: „Wir beobachten derzeit den Markt.“