Vorhalle. .

Ein bisschen bitter schmeckt sie schon, die gelbe Taubnessel – aber auch für sie hat Ursula Stratmann Verwendung: „Für einen Salat ist sie etwas deftig, aber zu Pilzen und Zwiebeln passt das sehr gut.“ Ihre Begleiterinnen kauen neugierig und staunen nicht schlecht über das Naturmenü, das rund um das Wasserschloss Werdringen sprießt: „Normalerweise hält man das einfach nur für Unkraut.“

Stratmann ist Biologin und bietet seit zwei Jahren Streifzüge in die Natur der Region an: In Witten, Herdecke oder Schwerte sammelt sie Kräuter oder gibt am Harkortsee Tipps zum Ernähren in der Wildnis. Am Wasserschloss Werdringen stehen am Pfingstsonntag nicht umsonst die Bäume im Mittelpunkt: „Bei der Bepflanzung hier muss ein großer Baumliebhaber am Werk gewesen sein. Die Vielfalt ist einfach riesig“, sagt Stratmann. Dieses Mal bricht sie mit einer reinen Damengruppe auf, die schon am Straßenrand die erste Entdeckung macht: Eine Eibe – hochgiftig, oder? Stimmt, erklärt die Expertin, aber nur Samen, Rinde und Nadeln. Das rote Fruchtfleisch hingegen ist so schmackhaft wie ungefährlich.

Pflanze für Pflanze passiert die Gruppe auf dem schattigen Weg am Ufer, fast zu jeder kann Stratmann Nützliches oder Skurriles erzählen. Wer hätte gewusst, dass die herzförmigen Lindenblätter einen passablen Ersatz für fehlendes Toilettenpapier abgeben? Oder dass Harry Potter für seinen Zauberstab auf Stechpalmenholz schwört? Auch der grüne Teppich, der träge auf dem Schlossgraben schwimmt, wird völlig zu Unrecht als Entengrütze abgekanzelt: In der richtigen Zubereitung passen auch grüne Wasserlinsen gut auf den menschlichen Speiseplan. „Ich dachte, das wären Algen“, staunt nicht nur Zuhörerin Danuta Michalek. Überhaupt, das Kulinarische: Selbst ein bisschen schnöden Wald-Ziest, erzählt Ursula Stratmann, könne man in Öl zu knusprigen Gemüse-Chips ausbacken: „Die isst mir sogar meine Tochter weg – und die rührt so ein Grünzeug sonst nie an.“

Welcher Baum blutet beim Fällen?

Die Zuhörerinnen machen sich ausführliche Notizen, nur Mischlingshündin Dorottya findet ihr Stöckchen interessanter. Große Vorkenntnisse bringt niemand mit, Neugier genügt: „Von Bäumen habe ich null Ahnung. Ich will mein Unwissen etwas auffrischen“, lacht Jutta Kleinheisterkamp, die aus Hattingen gekommen ist. Hängengeblieben ist offenbar einiges: Als die Gruppe am Ende alle unterwegs gepflückten Blätter in der Sonne ausbreitet, kann sie die meisten der richtigen Baumart zuordnen und unterscheidet zielsicher zwischen Berg- und Feldahorn. Wo es doch mal hakt, hilft ein Skript weiter, das Ursula Stratmann für jeden vorbereitet hat. Auch ein kleines Abschlussquiz hat sie mit dabei: Welcher Baum blutet beim Fällen? In welcher Zubereitung darf man Bucheckern essen? Fragen, die sich am besten bei einem gemeinsamen Kaffee im Schlosshof beantworten lassen - auch für Naturfreunde muss es ja nicht immer Lindenblütentee sein.