Hagen. In Hagen häufen sich wilde Müllkippen. Die Entsorgungsbetriebe zählen mittlerweile Hunderte illegaler Müllstellen in und um die Stadt, besonders in den Wäldern. Waldbesitzer sind verärgert über die Rücksichtslosigkeit der Müllablader - und über die Stadt.

Während der allabendlichen Spaziergänge mit seinem Hund konnte Rolf Risch (50) die Bescherung schon von weitem sehen: die leeren Flaschen, die umgestülpten Kartons, die Aluminiumdosen, den Dreck, den Unrat. „Hier wurde einfach alles hingekippt, unglaublich“, berichtet er. „Man stand regelrecht im Müll.“

Der Wendehammer am Waldrand der Lennestraße, einer im Grunde komfortablen, hübschen Wohngegend im gutbürgerlichen Stadtteil Halden, hatte sich zu einem der größten Drecklöcher in Hagen entwickelt. Nicht nur Grünschnitt und Gartenabfälle warfen die Leute hier ins Gebüsch, sondern Spritzen und Konserven, Kühlschränke und Autoreifen, Möbel und Kartonagen. Risch, der das letzte Haus vor dem Wendehammer bewohnt, beobachtete bis zum Dach mit Gewerbeabfall vollgepackte Kleinlaster, die die langgezogene Lennestraße heraufkamen und ihre schmutzige Fracht auf dem Asphalt und unter den Bäumen dreist entluden: „Am helllichten Tage.“

Fast 1000 illegale Müllstellen in und um Hagen

Die Stadt Hagen, ausgerechnet die Großstadt mit dem größten Waldanteil in Nordrhein-Westfalen, hat ein massives Problem mit Müllfrevlern. Fast könnte man meinen, die illegale Abfallentsorgung sei zu einer Art Volkssport geworden. Allein 919 illegale Müllstellen, auf denen 65 Tonnen Abfall abgelegt wurden, zählte der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) im vergangenen Jahr. „Wir haben für solche Fälle ein regelrechtes Sondereinsatzkommando eingerichtet“, sagt HEB-Sprecherin Jacqueline Jagusch (38). „Das sind Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit diesen illegalen Müllstellen befassen.“

Die Situation verschärfte sich noch, als Umweltdezernent Christian Schmidt ankündigte, sein Amt werde Meldungen über illegale Müllkippen wegen Personalmangels nicht mehr verfolgen, sondern lediglich abstempeln und abheften: „Ich habe einfach nicht mehr genügend Mitarbeiter.“

Zwar ruderten Schmidt und Oberbürgermeister Dehm später zurück und erklärten, Müllsünder würden doch verfolgt, doch die Nachricht hatte längst ihre Eigendynamik entfaltet. So drohten die Waldbesitzer mit einem Zutrittsverbot für die Allgemeinheit. „Wir behalten uns die komplette Sperrung unserer Wälder vor“, erklärten Fritz Killing und Hans de Myn, Leiter der örtlichen Forstbetriebsgemeinschaften. „Sollte der durch Umweltferkel verursachte Müll nicht mehr von der Kommune entsorgt werden, machen wir die Zugänge dicht.“ Zur Begründung führten sie an, das freie Betretungsrecht des Waldes sei gemäß Landesforstgesetz untrennbar mit der Müllentsorgung durch die Behörden verbunden. In Hagen sind 6000 der insgesamt 8000 Hektar Forstfläche in privater Hand; würden diese Bereiche gesperrt, wäre dies ein empfindlicher Schlag für Wanderer, Mountainbiker und Naturliebhaber.

Fernseher, verrostete Autoteile, alte Möbel im Wald entsorgt

Obwohl sich neben dem Entsorgungsbetrieb und dem Umweltamt auch das Ordnungsamt mit illegalen Müllkippen befasst, bekommt die Stadt das Geschehen nicht in den Griff. „Inzwischen finden wir Fernseher, verrostete Autoteile, ja ganze Wohnungseinrichtungen in unseren Wäldern“, so Hans de Myn, der ein energisches Vorgehen gegen den um sich greifenden Müll-Vandalismus fordert.

Doch die Stadtverwaltung scheint überfordert. Rolf Risch berichtet, seine Beschwerden seien abgewimmelt worden. Der Unternehmer aus Halden ergriff selbst die Initiative und befestigte zwei Webcams in einem Baum. Wie schwarz angestrichene Vogelnester hocken die Kameras in einem abgebrochenen Ast, ihre Objektive sind auf den Wendehammer gerichtet, sie sind mit Bewegungsmeldern ausgestattet und liefern ihre Bilder über ein W-Lan-Netz direkt auf den Computer von Rolf Risch, der bequem von seinem Büro aus etwaige Müllsünder beobachten und deren Kennzeichen notieren kann.

Seine entschlossene Handlungsweise erwies sich als Volltreffer: Seitdem das digitale Augenpaar und der markige Hinweis „Achtung Videoaufzeichnung - Müll abladen verboten“ am Wendehammer prangen, hat in der Lennestraße kein Müllfrevler mehr seinen Dreck abgeladen.

Jegliche Abfallentsorgung außerhalb der dafür vorgesehenen Abfallentsorgungsanlagen ist illegal. Nach § 326 StGB ist illegale Abfallentsorgung eine Straftat. Theoretisch gilt bereits eine weggeworfene Zigarettenkippe als illegale Abfallentsorgung. Quelle: Wikipedia