Hagen. . Die Musikrechte-Verwertungsgesellschaft Gema wird Anfang 2013 ihre Tarife für Live-Musik und Tanzabende massiv erhöhen. Bei Hagener Betreibern von Tanzpalästen sorgt dies für Unmut. Der Chef der Discothek “Funpark“, Ralf Sottorf befürchtet sogar das Ende der Disco Ära.

„Die Discos werden sterben“, sagt Ralf Sottorf. Er ist jemand, der es wissen muss – schließlich ist er seit 20 Jahren als Betreiber von Tanzpalästen im Geschäft. Seit September 2004 organisiert er als geschäftsführender Gesellschafter den „Funpark“ in Hagen an der Dödterstraße. Sottorf sieht schwarz für die Zukunft seines Geschäfts.

Einer der gewichtigsten Gründe dafür sind die Pläne der Musikrechte-Verwertungsgesellschaft Gema. Der Verein aus München hat vor, Anfang 2013 seine Tarife zu ändern; vor allem die Preislisten für Live-Musik und Tanzabende (Disco) treiben Sottorf, aber auch Einrichtungen in Hagen wie dem Kulturzentrum Pelmke jetzt schon den Schweiß auf die Stirn. Die Tarife etwa für Musik aus der Konserve erhöhen sich so deutlich, dass der Bundesverband des Gastgewerbes, die Dehoga, schimpft, mit den neuen Tarifen komme es zu „existenzgefährdenden“ Erhöhungen von bis zu 1400 Prozent.

Neue Tarife der Gema für Disco-Abende verteuern sich dramatisch

Viele kleinere Veranstalter wie die Pelmke buchen oft junge und unbekannte Bands, die wenig einspielen – manchmal zahlen die Veranstalter sogar noch drauf. „Um den Gesamtladen am Laufen zu halten“, sagt Pelmke-Geschäftsführer Jürgen Breuer, „macht man auch Discos, auch, um überhaupt Konzerte machen zu können. Das sichert auch ein Stück weit unsere Existenz.“

In der Branche zählt mitunter auch ein Fünkchen Idealismus. Denn wenn eine junge Band nie live vor Publikum spielen kann, und wenn auch nur zehn Leute kommen, dann wird sie nie bekannt. Die meisten berühmten Bands haben früher einmal so angefangen. Und nun sägt die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (Gema) an genau diesem Ast, auf dem die Bands aufsteigen können. Dabei sollte die Gesellschaft den Künstlern eigentlich helfen.

Der Ast zum Aufsteigen funktioniert so: Bühnen wie die Pelmke lassen eine noch unbekannte Band bei sich auftreten. Die Kosten, die das Konzert verursacht, fangen diese Einrichtungen mit anderen Veranstaltungen auf, zum Beispiel mit Disco-Abenden oder Partys. Auch dabei hält die Gema die Hand auf, schließlich soll von der Musik, die per CD oder Laptop gespielt wird, auch etwas bei den Komponisten, Textern, Produzenten ankommen. Doch die neuen Tarife für die Disco-Abende verteuern sich dramatisch. Und das bedeutet, dass den Veranstaltern die Luft wegbleibt, um weniger ertragreiche Konzerte mit jüngeren Bands zu buchen. Auch die Tarife für Live-Konzerte sollen steigen. „Dann werden wir auf jeden Fall weniger lokale Bands buchen“, stellt Breuer fest.

Funpark zahlt 25.000 Euro im Jahr an die Gema - künftig sollen es 150.000 Euro sein

Funpark-Chef Sottorf sieht schon das Ende der Disco-Ära kommen. Auch seine Gema-Zahlungen werden sich vervielfachen. „Im Moment zahlen wir 25.000 Euro im Jahr an die Gema, nach den neuen Tarifen sind es dann 150.000 Euro. Man ist der Meinung, die Kuh noch besser melken zu können. Das geht an der Realität vorbei.“ Zumal seine Gäste auch nicht mehr so zahlreich sind wie zur Hochzeit der Discos Ende der 90er-Jahre. Und bei denen, die kommen, sitzt das Geld auch nicht mehr so locker. „Das sehe ich an meinen Angestellten. Das Geld aus einem Nebenjob wurde früher verjuxt. Heute gehört es zur Existenzgrundlage.“

Die neuen Tarife der Gema sind ein kompliziertes Werk, das einen Preis ausrechnet anhand des Eintrittsgeldes und der Quadratmeterzahl. So kostet ab 2013 eine Veranstaltung, die auf bis zu 500 Quadratmetern stattfindet, mit einem Eintrittsgeld von bis zu drei Euro genau 150 Euro. Dauert der Tanzabend länger als fünf Stunden, kommt ein Aufschlag von 50 Prozent dazu.

Gema gibt zu: Discos und Clubs trifft es negativ

Die Gema verteidigt sich und weist darauf hin, dass die Tarife vereinfacht werden sollten – was sogar stimmt. Aber der Verein räumt auch ein: „Diskotheken und Clubs trifft es tatsächlich negativ“, sagt Gema-Sprecher Franco Walther, „aber das liegt daran, dass der alte Tarif so günstig war.“

Im Jahr 2010 bekam die Gema 863 Millionen Euro an Erträgen, davon gingen knapp 736 Millionen an die Künstler, 127 Millionen behielt die Gema für sich – Gehälter und Sachkosten. Nun regt sich Widerstand. Eine Petition geht an den Bundestag. Die Dehoga prüft eine Klage. Dabei sind die Tarife noch keine beschlossene Sache, sie liegen zurzeit bei der Schiedsstelle, beim Patent- und Markenamt in München.

Künstler verdienen zwar durch die Gema, bemängeln aber oft deren Arbeitsweise: „Ein Freund von uns hatte uns mal gebucht“, sagt Bernhard Weiß, Sänger der Band Axxis. „Der hatte 580 Euro an die Gema zu zahlen. Davon sind auf dem Band-Konto 28 Euro angekommen. Was ist mit dem Rest passiert? Ein unheimlich chaotisches System.“