Wehringhausen. Es ist voll und viel zu heiß im Kulturzentrum Pelmke, aber wen interessiert das schon? Wer Grenzen überschreitet, dem öffnen sich neue Welten – und die knapp sechzig Jugendlichen, die da so stolz und nass geschwitzt auf der Bühne feiern, haben an diesem Samstag manche Grenze hinter sich gelassen. „Hinterm Horizont“ heißt die Show, mit der sie singend, tanzend und schauspielernd ein Zeichen für Toleranz setzen.

Ein halbes Jahr lang hat die Gruppe in Workshops der Berchumer eSw an dem bunt gemischten Programm gearbeitet. In den Songs und Theaterszenen, die unter der Leitung von Gandhi Chahine daraus entstanden sind, geht es um kulturelle Unterschiede, aber viel mehr noch um die dennoch verbindenden Gemeinsamkeiten. Nicht nur im Bühnenbild sind Minarett und Kirchturm auf einem Gebäude vereint: Auch in der Musik steht Rap neben Reggae, moderner R’n’B und traditioneller orientalischer Gesang sind kein Widerspruch.

Dazwischen stehen Szenen und Sketche, die sich den teils schwierigen Themen mit Humor und Selbstironie nähern. Im Mittelpunkt immer wieder: Die verschiedenen Religionen. Da ist das christlich-muslimische Pärchen, dem weniger der unterschiedliche Glaube zu schaffen macht als die bornierte Gesellschaft. Der ewig gestrige Ladendetektiv, der in jedem Ausländer einen Dieb sieht und sich damit letztendlich selbst ein Bein stellt.

Auch kurze Video-Einspieler greifen genau diese Fragen und Probleme auf: Ein Teil der Jugendlichen hat Passanten befragt, die über die verschiedenen Religionen hinweg oft von ganz ähnlichen Wünschen und Hoffnungen erzählen. Das Publikum geht bei alledem voll mit, bejubelt die einzelnen Akteure und kommentiert.

Zugleich gibt es aber auch ganz stille Momente – etwa wenn die Jugendlichen die Frage aufgreifen, was nach dem Tod passiert. Nichts? Himmel für die einen, Hölle für die anderen? Oder kann es sein, dass das Paradies doch nicht nur dem einen, wahren Glauben vorbehalten ist? Die Engel auf der Bühne jedenfalls staunen nicht schlecht, als sie sich alle an ein und demselben Ort wiederfinden: Christen, Muslime, Hinduisten, sogar Atheisten! Spätestens im Himmel, das machen die Jugendlichen deutlich, ist der Horizont eben unendlich weit – und spätestens als ein sichtlich stolzer Projektleiter Gandhi Chahine die Zuschauer beim großen Finale zum Mitfeiern auffordert, verschwimmen auch in der ziemlich irdischen Hitze der Pelmke die Grenzen zwischen Darstellern und Publikum.