Hagen. .

Schon vor Jahren wurde für die Hagener Innenstadt ein Lastwagen-Routenkonzept entwickelt, seit Jahresbeginn ist eine umfangreiche Umweltzone eingerichtet. Doch die Umwelt, und dabei in erster Linie die Luft in der Stadt, ist davon im positiven Sinne wenig beeindruckt.

Der Luftreinhalteplan, mit dem die Verwaltung seit 2008 schädlichem Feinstaub und Stickstoffdioxid, der sich besonders in den Häuserschluchten konzentriert, den Kampf angesagt hat, greift nicht. Ganz im Gegenteil: In den ersten drei Monaten des neuen Jahres wurden die Grenzwerte für Feinstaub, gemessen in der Station am Graf-von-Galen-Ring, bereits an 24 Tagen überschritten. Nach der Europäischen Richtlinie sind aber seit dem 1. Januar 2005 maximal 35 Überschreitungen des PM10-Tagesmittelwertes von 50µg/m³ (siehe Infobox) per anno zulässig.

Kaum jemand beachtet Durchfahrtverbot für LKW

„Wenn dieser Trend anhält, dann bekommen wir ein echtes Problem“, bewertete Dr. Ralf-Rainer Braun, Chef des Hagener Umweltamtes, gestern die beängstigenden Zahlen. „Wir befinden uns auf allen Ebenen bislang noch in einem Kompromiss. Wenn das nicht ausreicht, müssen wir radikaler vorgehen“, beschrieb er die Marschrichtung.

So dürfe die Umweltzone, die ja nur ein Mosaikstein des Plans sei, bislang ja noch mit allen drei Plaketten befahren werden. „Das kann sich ändern.“ Zwar sei der Routenplan und das damit verbundene Durchfahrverbot für LKW auf den Weg gebracht worden, nur halte sich kaum jemand daran. „Ohne eine Überwachung, die rund um die Uhr ja zurzeit gar nicht möglich ist, liegen wir da unter 20 Prozent. Das ist natürlich nicht hinnehmbar.“

Messprobleme

Die Messung von Feinstaub PM10 ist eine messtechnische Herausforderung. Das Problem besteht darin, dass Feinstaub chemisch nicht einheitlich zusammengesetzt ist wie andere Luftverunreinigungen wie zum Beispiel Ozon, Stickstoffdioxid oder Schwefeldioxid.

Er setzt sich aus vielen chemischen Stoffen wie Kohlenstoffverbindungen, Nitraten, Sulfaten und Ammoniumverbindungen, Siliziumverbindungen und Wasser zusammen.

Diese Stoffe haben sehr unterschiedliche chemische und physikalische Eigenschaften, was die Messung schwierig macht.

Die genaue Methode (Referenzverfahren) besteht darin, den Feinstaub auf einem Filter zu sammeln und anschließend im Labor zu wiegen. Das Verfahren ist sehr aufwendig und in einer europäischen Norm genau beschrieben.

Luft macht vor Grenzen nicht halt. Europaweit einheitliche Regelungen sind daher notwendig. Mit der EU-Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie hat die Europäische Union 1996 hierfür eine neue Grundlage geschaffen. Einzelbestimmungen für wichtige Schadstoffe und Immissionsgrenzwerte wurden in sogenannten Tochterrichtlinien festgelegt.

Die Bewertung von Immissionen krebserzeugender Stoffe stellt ein besonderes Problem dar, da aus medizinischer Sicht eine Unbedenklichkeitsschwelle für derartige Stoffe nicht angegeben werden kann.Quelle: Lanuv

So soll das Fahrverhalten der Trucker in Zukunft elektronisch erfasst, ausgewertet und auch geahndet werden. „Das Konzept ist ausgearbeitet, die Gelder sind freigegeben. Nun liegt es bei den Hagener Wirtschaftsbetrieben, die den Auftrag haben, die Anlage aufzubauen und zu installieren“, bestätigte Hans Sporkert vom Ordnungsamt.

Was die jüngsten Messergebnisse im kontinuierlichen Verfahren angeht, befindet sich Hagen mit Oberhausen (29 Überschreitungen, Schwerte (26) und Gelsenkirchen (37) in schlechter Gesellschaft. Für Fred Weber vom Umweltamt der Stadt ein Zeichen dafür, dass nicht etwas ein erhöhtes Verkehrsaufkommen, sondern das Wetter im ersten Quartal des Jahres mit für die hohen Feinstaubwerte verantwortlich ist.

Strafgelder sind bisher nur Theorie

„Trockenheit und die Inversionswetterlage fördern diese Werte natürlich extrem. Daher müssen wir jetzt erst einmal von vorläufigen Überschreitungen ausgehen.“ Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden die Höchstwerte in Hagen an insgesamt 44 Tagen überschritten. Auch diese Zahl sei noch nicht verbindlich. Erst nach der Validierung könne eine genaue Aussage gemacht werden. „Wenn wir Glück haben, liegen wir dann noch unter den 35 erlaubten Überschreitungstagen“, hofft Weber. Ansonsten könnte die Stadt von der EU zur Kasse gebeten werden.

Ob tatsächlich Strafgelder verhängt werden, lässt Dr. Braun erst einmal dahin gestellt. „Da werden sich die Juristen streiten. Wir haben zumindest bislang unter der Aufsicht des Regierungspräsidenten getan, was wir tun konnten. Wenn das nicht genug ist, dann müssen wir uns weiterhin kümmern. Wir werden auf jeden Fall in einer Vorlage für den nächsten Umweltausschuss auf das Dilemma hinweisen, in dem wir ja offensichtlich stecken.“