Hagen. . Ein Hauptkommissar (61) wurde vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen. Seine eigene Behörde hatte ihn angezeigt. Er sollte versucht haben, 64 Überstunden abzurechnen, die er gar nicht geleistet hatte.
Seinen Abschied von der Polizei hatte sich Hauptkommissar Hans-Joachim Sch. (61) nach 40 Jahren tadelloser Arbeit anders vorgestellt. Das Präsidium zeigte ihn an.
Aktenzeichen 94 Cs 806/11: Der Hauptkommissar steht wegen versuchten Betrugs vor Gericht. Er soll versucht haben, 64 Überstunden abzurechnen, die er gar nicht geleistet hatte. Wäre der Schwindel nicht vorher aufgeflogen, hätte er 1109,12 Euro zu Unrecht kassiert. So der Vorwurf.
„Das konnte niemals stimmen“
Am 28. Juli 2011 hatte der langjährige Beamte der Direktion V (Verkehrsdienst) einen Antrag auf Auszahlung von Mehrstunden gestellt. Für Dezember 2010 wies sein Zeitkonto 64 Mehrstunden aus. „Das konnte niemals stimmen“, sagt der Beamte, „ich war im Dezember krank und hatte zwei Tage Urlaub. Dann hätte ich in dem Monat ja rund um die Uhr arbeiten müssen.“
Deshalb habe er zweimal in der Personalstelle angerufen und auf den offensichtlichen Fehler hingewiesen. Doch dort bekam er eine verhängnisvolle Auskunft. „Das hat schon seine Richtigkeit“, beruhigte ihn die Verwaltungsangestellte H. (46) und gab als Begründung den „Alterungsprozess von Stunden“ an.
„Ich vertraue Personalstelle“
„Davon hatte ich noch nie gehört“, erklärt der angeklagte Hauptkommissar, „aber ich vertraue meiner Personalstelle. Wenn die zweimal bestätigt, es habe alles seine Richtigkeit, ist das für mich okay.“ Nach dieser Auskunft hätte er ruhigen Gewissens die Auszahlung der 64 Stunden beantragt.
Erster Polizeihauptkommissar Bodo Gleiß (52), seit November 2010 Leiter der Verkehrsinspektion 1: „Mitte Dezember fiel mir auf, dass es zu Fehlbuchungen im System gekommen war. Mehrstunden waren auf ein falsches Konto gebucht worden. Ich habe deshalb alle Bediensteten informiert, dass es Fehlbuchungen gab und Kontenbereinigungen durchgeführt werden sollten.“
Stunden tauchen bis heute auf
Zwar wurden im Januar 2011 die Mehrstundenkonten offiziell „bereinigt“, doch, so Zeuge Gleiß zum Richter: „Wenn Sie den Dezember 2010 aufrufen, tauchen die 64 Stunden bis heute auf.“
Strafrichter Albrecht Bogumil verkündete Freispruch: „Der Angeklagte ist eindeutig unschuldig.“ Hauptkommissar Sch. brach in Tränen aus: „Das ist jetzt ein halbes Jahr, dass ich mit Magenschmerzen lebe.“ Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer zeigte sich hocherfreut: „Ich bin für den Mitarbeiter froh, dass alles, leider spät, dennoch geklärt werden konnte und er nun unbelastet in den Ruhestand kann.“
Für den Polizei-Personalratsvorsitzenden Helmut Dillmann ist die Angelegenheit aber noch nicht ausgestanden. Ihm wurde der Fall „nur über den Flurfunk“ bekannt. „Offiziell ist nichts an mich herangetragen worden“, erklärt Dillmann. „Das wird Thema in der nächsten Leitungskonferenz.“