Hagen. .

Dr. Helmuth Küffner hat einen großen Weihnachtswunsch. Denn während in Kopenhagen und Durban über Ansätze zum Klimaschutz gestritten wurde, gehe der ungebremste CO2-Ausstoß samt Erderwärmung weiter.

„Wenn die Energiewende nicht von oben verordnet wird, machen wir es halt von unten. Alle Umfragen bestätigen, dass die Bürger bereit sind, dafür etwas zu tun“, sagt der Sprecher eines ganz besonderen Vereins, der unter dem Namen BINSE e.V. (Berchumer Initiative für solare Energien) lange vor Durban und dem Ausstieg aus der Kernenergie antrat, um regenerative Energie in Berchum zu fördern. Im kommenden Jahr können Dr. Küffner und seine Mitstreiter ihren zehnten Geburtstag feiern.

„Hier in Berchum haben wir dazu schon einiges auf den Weg gebracht. Unsere Vision zur Energiewende könnte eine Anregung in der Weihnachtszeit sein, um mal darüber nachzudenken, was wir tun können. Es wird sonst mal sehr teuer für unsere Kinder und Enkel“, prophezeit Küffner und ist dabei nicht alleine.

Erst am Dienstag führte Richard Jones, stellvertretender Direktor der Internationalen Energieagentur den Teilnehmern des „Energiepolitischen Forums“ in Essen vor Augen, dass die Zeit davon laufe. Und Marc Oliver Bettzüge, Direktor des Kölner Energiewirtschaftlichen Instituts unterstrich, dass das Ziel, den CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent zu senken, auf Wunschszenarien basiere. Technisch sei das Ziel zwar erreichbar, ob politisch und finanziell sei aber fraglich.

Aus eigener Kraft mit Energie versorgen

Auf jeden Fall, so Experten, werde der Wechsel auf erneuerbare Energien im Ruhrgebiet mitgestaltet. Und das nicht nur in Bottrop, wo mit einem gigantischen Stadterneuerungsprojekt die Klimastadt der Zukunft entstehen soll, sondern eben auch im Hagener Ortsteil Berchum.

Denn die Erfahrungen und Aktivitäten vieler Modelldörfer und Vorzeigeregionen in verschiedenen Bundesländern haben gezeigt, dass Berchum sich weitgehend aus eigener Kraft mit Energie versorgen könnte, zumindest rechnerisch. Und was dort in den vergangenen zehn Jahren auf Dächern und und in Heizungskellern entstanden ist, das habe nach Punkten durchaus Bundesliganiveau. So liege der Bundesdurchschnitt derzeit bei ungefähr 0,056 Quadratmeter pro Einwohner bezogen auf Thermieanlagen und 4,98 Watt/Einwohner bei Photovoltaikanlagen. Insgesamt bedeute das sieben Ligapunkte.

Auf den Dächern von Berchum wurden aber schon mehr als 300 qm Kollektorfläche und über 450 kW Photovoltaik installiert. „Mit derzeit 220 Punkten haben wir in der Solarbundesliga als Ortsteil einen hervorragenden Platz unter den Mitbewerbern erreicht. Einige Mitglieder erzeugen bereits mehr Energie aus umweltfreundlichen, weil erneuerbaren Quellen, als sie selbst verbrauchen,“ so Dr. Küffner und erinnert mit der stolzen Bilanz an ein Versprechen.

"Anfang 2006 wurde im Rahmen der Aktionen Energiewende und CO2-Kampagnen von BINSE öffentlich erklärt, alle Solaranlagenleistungen und damit die CO2-Verminderung zu verdoppeln. Somit wurde für Mitte 2010 mit über 200 Punkten in der Solarbundesliga das Ziel dank der Berchumer Bürger bereits erreicht.“

Städtische Gebäude ziehen nach

Doch haben in Berchum nicht nur Hausbesitzer die Möglichkeit, sich mit privaten Analgen an der Energiewende zu beteiligen oder auf dem Binse-Solarlehrpfad mit zwölf Stationen zu wandeln. Binse baute auf der Berchumer Bildungsstätte eine Bürgersolaranlage, an der sich jeder finanziell beteiligen konnte. Ähnliche Projekte treiben jetzt in Hagen auch der Bürger-Solar-Verein und die BürgerEnergieGenossenschaft e.G. voran, die bereits auf Dächern städtischer Gebäude Solaranalgen installiert haben. Weitere sollen folgen, weil auch hier das Interesse der Anleger groß ist.

„Aber noch immer gibt es Informationsbedarf zu erneuerbaren Energien. Daher werden wir auch 2012, dem Jahr des zehnjährigen Bestehens unserer Solarinitiative, unsere Arbeit fortsetzen“, heißt es zum Jahresende auf der Homepage (www.binse-berchum.de) des Vereins. Dabei haben die Berchumer Experten aber nicht nur die Sonne im Blick, sondern auch die Windkraft und die Wärme, die aus der Erde kommt.

Erst kürzlich fand eine Informationsveranstaltung über Wärmepumpen statt, weitere sollen folgen, weil die Nachfrage steigt. In Nordrhein-Westfalen soll mehr als jedes vierte (28,3 Prozent) Wohnhaus, das zwischen Januar und September 2011 genehmigt wurde, mit einer Wärmepumpe als Hauptenergielieferant ausgestattet werden. Damit, so die Landesstatistiker, habe sich der Anteil der Wärmepumpen seit dem Jahr 2000 um den Faktor 40 erhöht.

Energie direkt in der Region einkaufen

Sollte es für eine Rundumversorgung mit regenerativer Energie trotzdem nicht reichen, hat der Verein eine weitere Zukunftsvision parat: „Was wir in Berchum und Umgebung nicht selber an Energie produzieren können oder wollen, könnten wir in den ländlichen Gemeinden in der Region einkaufen. Stabile und nachhaltige regionale Wirtschaftskreisläufe sind gut für Stadt und Land.“

Eben die Energiewende von unten...