Ennepe-Ruhr. .

Die Steuereinnahmen stagnieren, die Zahl der Mitglieder sinkt permanent, doch die Gottesdienste sind gut besucht: Dieser Widerspruch prägt derzeit das Leben in den 22 Gemeinden des evangelischen Kirchenkreises Hagen, zu dem auch Herdecke und Wetter (bis auf Wengern) zählen. Jetzt war Herbstsynode.

„Unser Heil hängt letztlich nicht vom Geld ab, sondern von unserer Ausstrahlung und den Angeboten, die wir machen“, lautete das Fazit von Superintendent Bernd Becker.

Dass sich wieder mehr Menschen für ihren Glauben und religiöse Fragen interessierten, führt Becker auf die Herausforderung, die der Kirche durch den aufkeimenden Islam erwachsen ist, zurück: „Der 11. September 2001 hat die Menschen deutlich verunsichert, seitdem fragen sich viele, was eigentlich Bestand hat in dieser Welt und wohin die Reise geht.“

Bedürfnis nach Orientierung

Die Gläubigen wollten wissen, warum sie Christen seien und was sie von den Moslems unterscheide: „Das führt sie meiner Meinung nach verstärkt in die Gottesdienste.“ Matthias Küstermann, stellvertretender Leiter der Kirchenkreisverwaltung, bestätigt diesen Trend: „Die Menschen treibt ein Bedürfnis nach Orientierung in einer immer undurchschaubarer werdenden Welt.“

In der Region beginnt der interreligiöse und damit interkulturelle Dialog gerade erst zu wachsen. Die sehr gut besuchte Ausstellung „Glaubenssache“ im Historischen Centrum ist ein Beispiel dafür. Mit Vertretern der Moscheevereine treffe man sich gelegentlich zu Gesprächen, so Becker, christliche und muslimische Jugendliche würden gerade ein gemeinsames Musical erarbeiten. Ihm selber bereite es keine Sorge, dass der Islam das Christentum langsam, aber sicher aus der Innenstadt zu verdrängen scheine: „Das Problem sind ja nicht die vollen Moscheen, sondern die leeren Kirchen.“

Auf Nachfrage verneinte der Superintendent, dass es ein Angebot einer muslimischen Gemeinde zum Kauf der nicht mehr genutzten Lutherkirche in Hagen gebe: „Das würde von der Landeskirche auch nicht genehmigt.“

Prognosen sind schwierig

Abseits der mühseligen Verwaltungsarbeit und der finanziellen Unwägbarkeiten sei das kirchliche Gemeindeleben im Kirchenkreis äußerst lebendig. Die Zahl der Konfirmanden sei enorm, die Kinder- und Jugendfreizeiten nahezu ausgebucht, es gebe eine lebendige Gospelszene und vor allem zahlreiche ehrenamtliche Helfer, so Becker: „So gesehen sind wir eine reiche Kirche.“

Dennoch: Der Kirchenkreis verliert pro Jahr etwa 1500 Christen (die meisten durch Tod oder Wegzug, zehn Prozent durch Austritte) und zählt nur noch 78.000 Mitglieder.

Die vom Hasper Pfarrer Jürgen Schäfer kürzlich angekündigte Mangelverwaltung betrifft alle Gemeinden. Finanzfachmann Matthias Küstermann ist deshalb mit Prognosen vorsichtig: „Was das Geld angeht, treffe ich keine Aussagen über das Jahr 2014 hinaus.“