Hagen.

Die Wirtschaft boomt und ringt um Fachkräfte. Wen sie nicht auf der Rechnung hat, das sind Schwerbehinderte. An ihnen geht der Aufschwung in Hagen zwar nicht komplett vorbei. Er verläuft aber mit angezogener Handbremse. Das 2. Unternehmerforum der Agentur für Arbeit Hagen steht daher in diesem Jahr unter dem Motto „Alternative Wege aus der Fachkräftefalle“. Der Kongress für Unternehmer dreht sich um nicht erschlossene Arbeitskräftepotenziale in Kombination mit gesellschaftlicher Verantwortung.

Ein Vergleich der Arbeitslosenstatistik der Jahre 2009 und 2011 macht deutlich, dass es schwerbehinderte Menschen schwerer haben auf dem Arbeitsmarkt. Im September 2009 waren in Hagen noch 11 332 Menschen erwerbslos gemeldet. Im September dieses Jahres waren es 9336: ein Rückgang um 17,6 Prozent. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten schwerbehinderten Menschen sank im selben Zeitraum von 871 auf 789 indes nur um 9,4 Prozent.

Dabei gibt es unter erwerbslosen Schwerbehinderten eine Reihe gut ausgebildeter Menschen, weiß Hagens Agenturchef Thomas Helm. „Das ist brach liegendes Potenzial.“ Ein Großteil der Firmen greift trotz fehlender Fachkräfte nicht darauf zurück und zahlt lieber eine Ausgleichsabgabe. Bundesweit zahlen 65 Prozent der privaten Arbeitgeber lieber diesen jährlichen Betrag, als die vorgeschriebene Anzahl von Arbeitsplätzen für Behinderte zu erfüllen. „Häufig scheitert eine Einstellung am Unwissen“, glaubt Helm. Die Furcht bei Firmenchefs sei groß, dass es kompliziert werde, wenn im Unternehmen Arbeitsplätze für Schwerbehinderte bereit gestellt würden. Dabei biete die Arbeitsagentur einen umfassenden Service für Unternehmer, die schwerbehinderte Menschen einstellen. „Die Beratung und die Hilfen, die wir bieten, sind individuell“, erklärt Susanna Ebbing, die bei der Agentur für die Vermittlung schwerbehinderter Menschen zuständig ist.

Kongress in der Zentrale der Märkischen Bank

Beim zweiten Hagener Unternehmerforum, das am Freitag, 18. November, ab 10 Uhr in der Zentrale der Märkischen Bank, Bahnhofstraße 21, stattfindet, werden heimischen Firmen Wege aufgezeigt, wie eine erfolgreiche Integration von Menschen mit Behinderung im Unternehmen funktionieren kann.

Ein Beispiel für einen solchen Weg ist Hülya Durmaz. Die 28-Jährige leidet an Dysmelie, einer angeborenen Fehlbildung der Gliedmaßen. Mit 18 Jahren mussten ihr beide Beine amputiert werden. Im Berufsbildungswerk Volmarstein absolvierte die junge Frau eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation. Seit 2007 hat sie eine unbefristete Festanstellung im Alten- und Pflegeheim Dietrich-Bonhoeffer-Haus an der Eilper Straße. Dort führt Hülya Durmaz u.a. Aufnahmegespräche mit Angehörigen und berät sie. „Ich habe auch etwas Glück gehabt“, sagt sie. Viele ihrer Ausbildungskollegen hätte nie eine Chance bekommen, sich zu beweisen und verharrten trotz eines guten Abschlusses seit Ende der Ausbildungszeit in Arbeitslosigkeit.

Um eine bessere Chance für solche gut ausgebildeten Menschen soll es beim Unternehmerforum gehen. Die Beauftragung von Werkstätten für Menschen mit Behinderung als lohnende Alternative zu klassischen Auftragsvergaben und Outsourcing wird ebenfalls thematisiert. Die Veranstaltung bietet neben Vorträgen zwei Workshops. In diesen werden die geladenen Gäste informiert, erhalten Praxisbeispiele und können sich einbringen. Eine Vielzahl von Einladungen an heimische Unternehmen wurde bereits versandt. Darüber hinaus sind noch Plätze verfügbar. Eine Anmeldung ist erforderlich.

Anmeldevordrucke erhalten Firmen unter www.unternehmerforum-hagen.de, Fragen beantwortet Pressesprecher Ulrich Brauer, 202 506 oder Hagen.Unternehmerforum@arbeitsagentur.de .

Hauptredner sind Hubertus Heil, stellv. Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange Behinderter, Peter Clever, Mitglied Hauptgeschäftsführung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, und Dr. Ralf Brauksiepe, Parlamentarischer Staatssekretär der Bundesministerin für Arbeit. Die Workshops leiten Christian Münch, Ev. Stiftung Volmarstein, und Jochen Winter, Geschäftsführer der AWo EN.