Hagen.

Sie haben sich die Köpfe heiß geredet, über alle feministischen Themen, die damals angesagt waren. Ende der 70er Jahre waren offensichtlich eine Menge angesagt, denn die wöchentlichen Sitzungen im Frauenladen dauerten immer lange.

Auch interessant

Von DerWesten

Es war eine noch unorganisierte Versammlung von Frauen, die aber genau wussten, was sie wollten. „Ein Frauenhaus“, sagt Barbara Dorau, eine der ersten Stunde in der Initiative, rückblickend. Sie galten als Tabubrecherinnen. Mann wollte nicht hören, was die Studentinnen und jungen Lehrerinnen zu sagen hatten. „Es hieß immer ,in Hagen werden keine Frauen geschlagen’“, wundert sich Dorau noch heute über die damalige Auffassung.

Die Realität sah anders aus. Viele Frauen, die im Frauenladen vorbei kamen, brauchten Hilfe. In anderen Städten waren bereits Zufluchtsorte entstanden. „Wir haben uns Verbündete gesucht, vor allem in der Politik“, erinnert sich Cornelia Bücken, die ebenfalls in den Anfängen dabei war. Sie profitierten davon, dass einige Frauen in der SPD waren, tummelten sich bei Vereinen und Veranstaltungen. „Wir sind stets in großen Gruppen aufgelaufen“, beschreibt Bücken. „Nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark.“

Stark machten sie sich auch weiterhin für ein – unbedingt – autonomes Frauenhaus. Das hieß: Ein Trägerverein musste her. „Frauen helfen Frauen“ gründete sich am 23. August 1979, vier Monate später fiel der Ratsbeschluss zum Frauenhaus. „Es war nicht mehr zu verhindern“, kommentiert Bücken. 1981 öffnete das Frauenhaus in Hohenlimburg.

Die Vereinsfrauen lernten viel und schnell. Ehrenamtlich schoben sie Dienst im Frauenhaus. „Anfangs kamen obdachlose Frauen, Drogenabhängige“, berichtet Barbara Dorau. „Wir mussten lernen, uns abzugrenzen.“ Gleichzeitig auch: nicht nur Schutzraum für weibliche Opfer von Gewalt sein, sondern ebenso Beratungsstelle.

Aufgrund des Bedarfes gründete der Verein ‘86 die Frauenberatungsstelle, heute an der Bahnhofstraße. „Dort konnten wir Frauen vor allem in der Nachsorge betreuen“, weiß Linda Müller-Kuna, seit 25 Jahren Psychologin in der Beratungsstelle. Dort holten sie nach und nach weitere Themen aus der Tabuzone: sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen. „Auch das wollte keiner hören, wir galten als Spinnerinnen.“

Dass sie’s nicht waren, davon zeugt die heutige rechtliche Lage: das Gewaltschutzgesetz, das häusliche Gewalt, Belästigung und Stalking ahndet und Wohnungsverweisung zulässt.

„Eigentlich haben wir gedacht, wir machen uns irgendwann überflüssig“, sagt Cornelia Bücken, heute Leiterin der Beratungsstelle. Die Zahlen dokumentieren etwas anderes. Deshalb meint Bücken: „Unser Jubiläum ist ein zweifelhafter Anlass zum Feiern.“