Wehringhausen. .

Bei der „Nacht der langen Tische“ stellten die Anwohner in Wehringhausen erneut ihre Tische und Stühle auf die Straße. Zum fünften Mal wurde zum größten Nachbarschaftsfest der Stadt zusammengerückt.

Seit 60 Jahren lebt sie schon in Wehringhausen, berichtet Else Wilke zwischen Kartoffelsalat und Würstchen. Dass die „Nacht der langen Tische“ da für sie ein Pflichttermin ist – Ehrensache! Fünf Jahre ist es her, dass auf der Langen Straße zum ersten Mal die Möbel zum größten Nachbarschaftsfest der Stadt zusammengerückt wurden: Die Anwohner schleppen picknickkorbweise Leckereien heran, essen, klönen, treffen alte Bekannte und neue Gesichter. „Im Alltag rauscht man so aneinander dabei, da ist das eine tolle Idee“, findet Else Wilke. Auch sonst gefällt ihr die Entwicklung des Stadtteils: „Ich habe das Gefühl, dass die Gemeinschaft sich verbessert hat.“ Im Gegensatz zu der Ureinwohnerin ist ihre Mitbewohnerin Irene Kroll noch ein Neuling. Vor einem Jahr ist sie aus Altenhagen in eine Senioren-Wohngruppe hergezogen. „Ich habe mich hier gut eingelebt, wir haben eine richtig gute Hausgemeinschaft.“ Dass im Wehringhausener Stadtkern alles Wichtige einen Steinwurf entfernt liegt, ist für die Rentnerinnen ein weiterer Pluspunkt.

Auch außerhalb des Stadtteils hat das Nachbarschaftsfest mittlerweile treue Anhänger gefunden: „Wir kommen eigentlich aus Haspe“, erzählt Lea Scheckel, während sie Brot und Käse aufschneidet. „Aber ich habe Freunde in Wehringhausen und gehe gerne hier einkaufen - dabei bin ich im Bioladen auf die Nacht aufmerksam geworden.“ Mit Mann Christian und Tochter Lina ist sie nun schon zum dritten Mal dabei. Ob sie gerne vor Ort leben würde, weiß sie indes nicht so genau: „Ich finde es schön hier, aber wer eine bezahlbare Wohnung mit Garten sucht, hat hier natürlich nicht so gute Karten.“

Wehringhausen ist wie ein Dorf - jeder kennt jeden

Während auf den Tischen von deftigem Zwiebelkuchen bis zu exotischem Couscoussalat keine Wünsche offen bleiben, hat sich an der Ecke zur Bleichstraße eine Traube um das Komikerduo „Drauf und Dran“ gebildet, das im Dutzend weiße Bälle durch die Luft wirbelt. Mit im Publikum: Leon Otemba und seine Freunde. „An Wehringhausen gefällt mir, dass es wie ein Dorf ist. Man kennt hier irgendwann jeden“, erzählt der Zwölfjährige. Für den heutigen Tag haben die Jugendlichen gar nicht viel anderes vor als sonst: „Rumlaufen, chillen, vielleicht Fahrrad fahren.“ Ein bisschen mehr für ihre Altersgruppe würden sie im Stadtteil schon begrüßen. „Trotzdem kann ich mir gut vorstellen, hier wohnen zu bleiben“, findet Leons Schwester Lena.

Ähnlich wie Jürgen Entz: Vor zehn Jahren ist er nach zwanzigjährigem „Fremdgehen“ zurückgekehrt. Bei der „Nacht der langen Tische“ hat er kurz vorm Wilhelmsplatz schon einen Stammplatz. Auch sonst muss er nicht lange überlegen, wenn man nach seinem liebsten Ort fragt: „Das Café Europa! Wir sind eine Gruppe von Motorradfans und treffen uns da fast jeden Tag. Ab 17 Uhr findet man eigentlich immer irgendjemanden.“ Doch während sich die Gruppe dort meist drei Stunden später wieder zerstreut, ist am Samstagabend auch nach Einbruch der Dunkelheit kein Ende in Sicht: Bei sommerlichen Nachttemperaturen hat manch einer es sich auf dem Bürgersteig bequem gemacht, irgendwo hat jemand eine Gitarre ausgepackt. Nicht nur die Tische, auch die Nächte in Wehringhausen können lang sein.