Hagen.
Wie behindertengereicht ist unsere Stadt? Eine Frage, die ein Reporter ohne professionelle Hilfe kaum beantworten kann. Daher machen wir uns mit Christopher Lohmann an der Seite auf den Weg. Der 45-Jährige sitzt im Rollstuhl. Er weiß bestens, wo Barrieren sind, wo ihm und anderen Rollstuhlfahrern Hürden gesetzt werden. Ulla Dohms, Mitglied des Behindertenbeirats, und Martina Gleiß, Behinderten-Koordinatorin bei der Stadt Hagen, begleiten uns.
Mit seinem Rollstuhlfahrrad ist Lohmann häufig auf den Hagener Straßen unterwegs. Die Boeler Straße entlang zu fahren, ist immer wieder eine Herausforderung. Denn entlang der Straße gibt es nur wenige abgesenkte Bordsteine, so dass der 45-Jährige nur selten die Straße verlassen kann und oft Umwege fahren muss.
Blickpunkt Innenstadt: Hier wartet so manche Hürde. Allzu tiefe Regenrinnen entlang der Fußgängerzone fordern immer wieder ein schwungvolles Anfahren, damit sie passiert werden können. Pflastersteine erschweren das Fortbewegen sowohl für Rollstuhlfahrer als auch für gehbehinderte Menschen. „Entspannt Bummeln kann man so kaum“, klagt Frau Dohms, die selbst mit einer Gehhilfe unterwegs ist.
Ungewollte Geschicklichkeitsprüfung
Viele Geschäfte kann Christopher Lohmann überhaupt nicht betreten. Zumindest muss er Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei wäre es häufig ein Leichtes, den Eingang behindertengerecht zu gestalten – oder zumindest eine Rampe für Rollstuhlfahrer bereit zu halten. Einmal im Laden angekommen warten die nächsten Hindernisse. Die Gänge sind mitunter so zugestellt, dass ein Rangieren mit dem Rollstuhl zu einer ungewollten Geschicklichkeitsprüfung wird. „Umkleidekabinen“, weiß Ulla Dohms sind dann das nächste Problem. Sie sind für Rollstuhlfahrer oft viel zu klein.“
„Vielleicht muss man als Rollstuhlfahrer akzeptieren, dass man nicht alles machen kann – jedenfalls nicht ohne Hilfe“, sagt Christopher Lohmann. Dabei fordert die UN-Behindertenrechtskonvention, die die Bundesrepublik Deutschland 2009 ratifiziert hat, genau das ein: eine uneingeschränkte Teilhabe für Menschen mit Behinderungen in allen Lebenslagen. Sogar bei seinem Physiotherapeuten in der Innenstadt musste der 45-Jährige Rollstuhlfahrer Hilfe in Anspruch nehmen, um in die Praxis zu kommen.
Hagen recht behindertenfreundlich
Insgesamt, zollt Christopher Lohmann der Stadt Hagen aber ein Lob, sei die Volmestadt recht behindertenfreundlich. In den vergangenen Jahren wurde immer wieder etwas verbessert. Vieles geschieht auf Anregung des Behindertenbeirates. „Wir müssen aber immer wieder und wieder nachhaken, bis etwas passiert“, sagt Ulla Dohms. Bis die grauen Treppenstufen z.B. an der Rathausstraße unmittelbar am Hagener Rathaus farblich weiß abgegrenzt wurden, damit sie für sehbehinderte Menschen nicht zum Stolperstein werden, hat es lange gedauert. Auch der Haupteingang zum neuen Rathaus ist nicht barrierefrei. Es hat etwas gedauert, bis zumindest ein Seiteneingang mit einer behindertengerechten Tür installiert wurde.
Diese Kleinigkeiten, die behinderten Menschen das unfallfreie Bewegen erleichtern, fallen nichtbehinderten Menschen kaum auf. In Hagen haben immerhin 32 000 Menschen einen Schwerbehindertenausweis – Tendenz steigend. Denn eine immer älter werdende Gesellschaft bedeutet auch, dass immer mehr Menschen mit Handicaps leben müssen. „Die meisten Menschen, die einen Schwerbehindertenausweis besitzen, sind über 60 Jahre alt“, weiß die städtische Behinderten-Koordinatorin Martina Gleiß.