Emst..
Hauptsache, die Haare fliegen. Wer atemberaubende Geschwindigkeiten liebt, wer kraftprotzende Boliden mag und gern die typische Rennatmosphäre genießt, der braucht sich nicht auf den Formel 1-Stadt-Parcours in Monaco zu kaprizieren. Der kommt in Emst beim ulkigen Holländer-Rennen voll auf seine Kosten.
Von wegen Nürburgring, Hockenheim, Le Mans - gegen den Spiel- und Sportpark Emst war die Avus ein müder Kreisverkehr. Wer spricht denn noch von Wolfgang Graf Berghe von Trips, Rudolf Caracciola oder Jochen Rindt? Auf Emst keiner, denn diese PS-Helden verkehrten eher selten in der „Emster Quelle“. Dabei scheint das Traditionslokal quasi das ganzjährige Fahrerlager für mutige Holländer-Piloten zu sein.
Ein Riesenspaß
Das Publikum beim Sommerfest des Siedlerbundes Emst-Bissingheim jedenfalls hatte gestern Mittag einen Riesenspaß. Herbert Weißenfeld, legendärer, unvergessener Festausschussvorsitzender der Siedler, konstruierte in den 60er Jahren genau den Renn-Holländer, der heute noch den verzweifelten Pumpversuchen verwegener Kerle aus dem Schützenverein, der SPD, dem Gartenbauverein oder den Grün-Weißen trotzt.
Trotz aller Gemütlichkeit zwischen Bierwagen und Bratwurstbude, man soll’s nicht meinen: Es geht auf Zeit, es ist wirklich ein Rennen. Der Holländer, ein eigentlich als Bobbycar-Vorläufer erdachtes Kinderspielzeug, das wie eine Draisine mit Muskelkraft angetrieben wird, scheint ein Eigenleben zu führen. Störrisch drängt das schwere Holzfahrzeug aus der Spur, selbst bergab rollt es nicht einfach los. Dass die Siedler ihren Parcours mit allerlei Hindernissen ausgestattet haben, tut ein Übriges. Nirgends ist das Anfeuern der Zuschauer distanzloser als an der Emster Rennstrecke. „Nüchtern schafft das keiner,“ sagt der Moderator und besteht auf einem Alco-Test. Im Zweifel muss der Proband noch mal zur Bierbude und Herforder nachtanken. „Wir würden auch Frauen starten lassen“, wirbt der Lautsprecher leider vergeblich um Renn-Amazonen. Die zog’s doch eher an die gutbestückte Kaffeetafel ins Festzelt.