Hagen.

Wer anlässlich der ersten Gutachter-Präsentation zur künftigen Schulentwicklungsplanung in Hagen eine umfassende Streichliste erwartet hatte, wurde gestern enttäuscht. Denn bevor die Zukunftsfähigkeit von Standorten zur Abstimmung steht, soll von Politik, Eltern und Schulen zunächst über die künftige Qualität und Standards der Schulbildung debattiert werden.

Wolf Krämer-Mandeau, Leiter des Bonn-Bad Godesberger Biregio-Instituts, präsentierte gestern seine 61-seitige Analyse zur Schulsituation in Hagen. Sein Gutachten liefert die Fakten und somit den Werkzeugkasten für eine qualifizierte Zukunftsdiskussion. Darin macht der Experte deutlich, dass ein Rückgang der Grundschüler von 9200 im Jahr 2001 auf weniger als 6000 im Jahr 2018 sowie eine ähnliche Entwicklung in der Sekundarstufe I (von 13 000 auf 8000) als Ressource zu betrachten sei: „Da lassen sich verdammt interessante Strukturen schaffen“, appellierte Krämer-Mandeau an die Bildungspolitiker, dies als Chance zu betrachten, die Hagener Schullandschaft völlig neu zu gestalten. Zunächst müsse über Ziele, also die Qualität der Pädagogik, diskutiert werden, bevor man Standorte überdenke.

Kluger Umgang mit Ressourcen

Angesichts einer relativ starken potenziellen Elterngeneration (20- bis 30-Jährige), geht das Biregio-Institut davon aus, dass die Schülerzahlen in den nächsten zehn Jahren stabil bleiben. Allerdings werde in den Grundschulen schon heute jeder vierte Platz nicht mehr benötigt, den Gymnasien fehle es weiterhin an Räumen, und die Zukunft der Haupt- und Realschulen, in denen immerhin 45 Prozent der Kinder in der Sekundarstufe I unterrichtet werden, entwickle sich in Richtung Verbund- und/oder Gemeinschaftsschule. Zudem gelte es, die Migrations- und Förderkinder besser einzubinden. „Wenn die Stadt Hagen den sozial-integrativen Gedanken nicht in die Schulen hineinträgt, macht sie einen Fehler“, warnte Krämer-Mandeau. „Demografie und Haushaltslage zwingen zur Klugheit im Umgang mit den nicht mehr vorhandenen Ressourcen.

Zu welchen Schlüssen die nun zu führende Diskussion für die einzelnen Schulstandorte führt, soll nach der Sommerpause – auch in offenen Diskussionen in den Stadtteilen – entschieden werden. Das Biregio-Institut wird auf Grundlage der Debatte entsprechende Vorschläge machen. Oberbürgermeister Jörg Dehm hofft, dass die Politik letztlich im breiten Konsens die notwendigen Entscheidungen trifft, damit für die Schulen wieder die notwendige Planungssicherheit entsteht.