Hohenlimburg. .
Hier spielten mit Marius Müller-Westernhagen, BAP, Nena oder den Fehlfarben mehrere der bekanntesten deutschen Rockmusiker aller Zeiten. Aber auch aus anderen Ländern gaben sich Größen die Klinke in die Hand: Schlagzeug-Legende Ginger Baker, an der Seite von Eric Clapton bei Cream einst ein Weltstar, stand ebenso auf dieser Bühne wie The Exploited, die mit „Punk’s not dead“ eine Hymne der Punkszene kreierten. Nein, die Rede ist nicht von der gewaltigen Arena einer deutschen Großstadt. Die Rede ist vom Rockpalast Hohenlimburg.
Zweieinhalb Jahre existierten der Konzertsaal und die Kneipe in dem ehemaligen Oeger Lux-Kino. Zweieinhalb Jahre, die dafür sorgten, dass der Rockpalast an der Lenne noch heute Kultstatus besitzt.
„Wir wollten mit unserem Hobby Geld verdienen“, erinnert sich Michael Arens, der den Rockpalast 1980 gemeinsam mit seinem Kumpel Nobi Höhne aus der Taufe hob. Der heute 55-Jährige hatte 1979 seinen Bürojob geschmissen und sich nach Räumlichkeiten für eine Punkkneipe umgesehen. Der leere Kinosaal mit seinem Vorraum schien geradezu prädestiniert, wenngleich der eher konservative Besitzer von der Punk-Idee wenig begeistert war. Doch letztlich gab der ältere Herr sein Ja-Wort, erzählt Arens lachend: „Denn die Bude war ansonsten ja unvermietbar.“ Der Grundstein für eine Karriere als Konzertveranstalter war gelegt, aber zunächst fand sich keine Brauerei, die einsteigen wollte: „Die haben alle gesagt: ‘Ihr seid bekloppt!’“
So stellten Arens und Höhne anfangs einfach ein rundes Bierzelt mitten in den Saal und engagierten mit Zoff und der PeeWee Bluesgang zwei lokale Rock-Größen für die Eröffnungsfeier am 13. Februar 1980. Und siehe da: Der Laden brummte. Aber die Jungunternehmer wollten höher hinaus und planten, den Eingangsbereich in eine echte Kneipe zu verwandeln. Das Problem: Obwohl sich das Gebäude zwischen Bahnschienen, Fabriken und einem Schrottplatz befand, war ein Schallgutachten vonnöten. „Wenn draußen die Züge vorbeifuhren, musste der Gutachter seine Untersuchung unterbrechen. So dröhnte das auch drinnen“, erzählt Arens grinsend. Nichtsdestotrotz wurde eine Schallisolierung zur Pflicht gemacht. Also nahmen die beiden Neu-Wirte „so richtig Geld in die Hand“, bauten die Kneipe und kamen ihrem Traum ein Stück näher.
Denn auch musikalisch ließ es das Duo fortan mächtig krachen. NDW-Stars wie die Erste Allgemeine Verunsicherung oder Extrabreit holten Arens/Höhne ebenso nach Oege wie die Metal-Kapelle Accept, deutsche (Abwärts, DAF) und englische (Killing Joke) Punk-Größen, den Amerikaner Mitch Ryder, der ein Jahr zuvor noch bei der WDR-Rockpalastnacht im TV gespielt hatte, die international erfolgreichen Krautrocker Nektar oder – gleich mehrfach – Herman Brood. Doch zum größten Knaller avancierte zweifellos Westernhagen, der in Hohenlimburg das allererste (!) Konzert seiner Karriere gab. „Marius war ja bereits als Musiker und Schauspieler bekannt und ging nun erstmals auf Tournee. Für das Auftaktkonzert suchte er eine Halle, in der er und die Band zuvor eine Woche proben konnten. Das haben wir ihm geboten“, sagt Arens. Und so strömten die Massen an jenem 21. September 1980 nach Oege. 800 Leute fasste der Rockpalast, „doch da waren einige mehr drin“, denkt der Chef schmunzelnd zurück. Im völlig überfüllten Saal herrschten tropische Temperaturen, Marius rockte das kreischende Publikum und versprach zum Schluss: „Ich komme wieder!“ Daraus wurde jedoch nichts – später bevorzugte er Fußballstadien.
Doch der Rockpalast sorgte nicht nur für positive Schlagzeilen. „Beim Exploited-Konzert habe ich zum ersten und letzten Mal in meinem Leben eine Flasche Jägermeister getrunken“, berichtet Arens, „um das auszuhalten.“ Denn Punks aus ganz Europa waren nach Oege gereist, wo sie fröhlich randalierten und sich Straßenschlachten mit einer Hundertschaft Polizisten lieferten. „Das war ein Massaker“, sagt der 55-Jährige – und kann heute drüber lächeln.
Doch das Ende des Rockpalasts kam schneller als erwartet. Personalkosten, Steuern, Gebühren und nicht zuletzt das süße Leben schlugen aufs Portemonnaie und zwangen Arens und Höhne, das Projekt im Spätsommer 1982 zu beenden. Das letzte Konzert im Rockpalast gab Ina Deter mit ihrem Hit „Neue Männer braucht das Land“. Für den Rockpalast wurden sie indes nicht gefunden.