Bachgeplätscher. Es riecht nach Kerzenwachs. Pfarrer Uwe Stein beugt sich zu Henry herunter. Der Dreijährige steht ganz still und blinzelt in die Sonne. Fest hält er sich an der Hand seines Vaters fest. Stein besprenkelt ihn dreimal mit Wasser und sagt: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Die Taufe ist ein besonderes Ereignis für einen Christen. Durch das Sakrament der Taufe tritt er in die Glaubensgemeinschaft ein. Der Evangelische Kirchenkreis Hagen hat sich für das „Jahr der Taufe 2011“, einer Kampagne der westfälischen Landeskirche, eine besondere Veranstaltung einfallen lassen: Ein Tauffest im Hagener Freilichtmuseum mit 120 Täuflingen.
Auf dem Platz vor der Gelbgießerei hüpft Henry zwischen seiner Familie umher. Manchmal bleibt er stehen und beobachtet die anderen mehreren hundert Gäste, die zum Oster- und Familiengottesdienst gekommen sind. Er trägt Hemd, Weste und eine kleine Krawatte. Auf einem weißen Stehtisch stehen selbst gemachte Muffins und Henrys Taufkerze. Vater Frank Borchardt baumelt eine große Spiegelreflexkamera um den Hals. „Wir sind erst vor zwei Jahren nach Breckerfeld gezogen und unser Anschluss in der neuen Gemeinde ist noch nicht so groß“, meint er. Das Tauffest sei darum ein schöner Anlass, mit vielen anderen Besuchern zu feiern. Die Familie habe außerdem extra gewartet, bis Henry etwas älter ist, damit er seine Taufe „live miterleben kann“.
Das größte Tauffest in Deutschland
Bernd Becker, Superintendent des Kirchenkreises Hagen, freut sich über das Interesse der Familien aus rund zehn Gemeinden: „Das ist mit 120 Täuflingen das größte Tauffest in Deutschland.“ Fast 200 wollten ursprünglich dabei sein. „Das wäre logistisch allerdings schwierig geworden“, so Becker.
In der Menge sind nicht nur Säuglinge und Kinder, sondern auch Jugendliche und einige Erwachsene in Taufkleidern zu sehen. Andrea Da Silva Conceicaos Hände sind ein bisschen nass vor Aufregung. „Das ist ein großer Moment für mich“, sagt die 46-Jährige. Als Mitarbeiterin in einem evangelischen Pflegeheim wollte sie sich schon länger taufen lassen. Ihre drei Söhne sind als Babys getauft worden. „Jetzt sind wir endlich komplett“, meinen sie. Marie-Claire (13) trägt stolz ihre selbst gemachte Taufkerze. Sie ist rosa und weiß und hat eine silberne Schleife. „Meine Tochter möchte gern bald konfirmiert werden. Darum haben wir uns zum Tauffest angemeldet“, erläutert Mutter Sabine Engel.
Den Andrang erklärt sich Becker damit, dass viele Familien eine Alternative zur Einzeltaufe suchen: „Die klassische Konstellation aus Vater, Mutter und Kind, die wie die Heilige Familie am Altar steht, gibt es nur noch selten.“ Gerade Patchwork-Familien würden moderne Formen gerne annehmen. Eine Taufe sei auch für einen Pfarrer etwas besonderes: „Durch die Überalterung der Gesellschaft gibt es mindestens doppelt so viele Beerdigungen wie Taufen.“
Taufe in einem intimeren Rahmen
Die 18 Pfarrerinnen und Pfarrer halten kleine Fähnchen hoch, auf denen die Nummer ihrer Gruppe steht. Die eigentliche Taufe soll in einem intimeren Rahmen stattfinden. Dazu haben die Pfarrer Taufstationen aufgebaut: unter einem Haselnussbaum mit ausladenden Zweigen, auf einer kleinen Wiese oder vor der alten Kupferschmiede.
Uwe Stein schwenkt die Fahne mit der Nummer 16. Er führt seine Gruppe über den Spielplatz zum Mäckinger Bach. Der Pfarrer begrüßt seine Täuflinge und erklärt: „Wir wollen alles ganz spartanisch halten und für die Taufe sogar das Wasser aus dem Bach verwenden.“ Henry schreckt nicht zurück vor dem kalten Nass, das ihm vom Kopf tropft. Stein ist sich sicher: „Ich habe in meinem Leben schon viele Kinder getauft, aber dieser Tag wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.“