Hagen. .

Johanna Rubis weiß nicht recht, worauf sie im kargen Catering-Raum hinter der Bühne der Stadthalle eigentlich wartet. „Keine Ahnung – vielleicht gehen wir ja gleich in ein Konzert“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Doch dann steht plötzlich ihr Lieblingssänger im edlen Anzug vor ihr: Schlagerstar Semino Rossi. Schöner kann eine Überraschung für die 89-jährige Hagenerin nicht sein.

Freitagabend, kurz vor Konzertbeginn: Die Augen von Johanna Rubis leuchten, sie strahlt über das ganze Gesicht und springt von ihrem Stuhl auf. „Jetzt kommt mein bester Freund. Schön, dass ich Ihnen mal persönlich gegenüberstehe“, freut sich die gebürtige Sächsin. „Ich verpasse es nie, wenn Sie im Fernsehen sind.“ Rossi schüttelt ihre Hände, überreicht als Souvenir einen signierten Kuli und schreibt Autogramme: „Für Johanna“, für die Lieben daheim.

Sohn Klaus schießt ein Erinnerungsfoto nach dem anderen von seiner Mutter und dem Schlagerstar. Der 67-Jährige hat zusammen mit seinen Brüdern Jürgen (63) und Werner (60) die Überraschung ausgeheckt – erst die Konzertkarten besorgt, dann über Rossis Management das bis zuletzt geheim gehaltene Treffen mit dem Argentinier arrangiert. „Wenn Semino Rossi im Fernsehen singt, brauchen wir unsere Mutter gar nicht anzurufen oder zu besuchen. Dann hat sie keine Zeit.“

Die Mama ist indes völlig aus dem Häuschen und hört gar nicht mehr auf zu strahlen und zu plaudern. „Ich weiß genau wo sie in Tirol leben. Das habe ich neulich im Fernsehen gesehen“, erzählt sie ihrem Idol begeistert. Vor ein paar Tagen noch hätte Johanna Rubis das nicht gekonnt. Erst am Mittwoch wurde sie aus dem Krankenhaus entlassen. „Mama, am Freitag musst du fit sein. Wir haben eine Überraschung für dich“, sagten ihre Kinder am Krankenbett. „Der Michael heiratet“, dachte die fast 90-Jährige als erstes ans Eheglück ihres Enkels. Doch statt zur Hochzeit ging’s in die Stadthalle.

Eine Stunde vor Konzertbeginn ist Semino Rossi gerade mit dem Soundcheck fertig und gibt noch schnell ein Telefoninterview für einen kanadischen Radiosender – denn im Herbst führt ihn seine Tournee nach Kanada. Johanna Rubis wartet mit ihrem ältesten Sohn auf den Einlass: „Bestimmt zu einem Konzert“, mutmaßt sie und gerät ins Plaudern über Gott und die Welt. Über die Verschuldung in Deutschland und in Hagen, über ihre drei Kinder, drei Enkel und drei Urenkel. Und über ihre Lieblingsmusik. „Bei meinem letzten Besuch in der Stadthalle waren die Flippers da. Aber das ist schon Jahre her“, erinnert sie sich. „Zu Hause gucke ich im Fernsehen am liebsten Volksmusik-Sendungen mit Semino Rossi. Der hat eine wunderbare Stimme und geht richtig mit.“

Keine zehn Minuten später steht der hochgelobte Sänger vor ihr und begrüßt sie mit südländischem Charme. „Ich hätte ja nicht gedacht, dass sie schon 80 Jahre alt sind“, sagt der Wahl-Österreicher. Johanna Rubis verrät ihm ihr wahres Alter und macht Rossi im Gegenzug mit geschätzten 42 um sieben Jahre jünger.

Nach so vielen Komplimenten schallen die Schlager des Tournee-Albums „Die Liebe bleibt“ eineinhalb Stunden durch die Stadthalle. „Es war einfach eine super Sache“, freut sich Klaus Rubis. Seine Mutter Johanna schüttelt noch immer ein wenig ungläubig den Kopf: „Das werde ich nie im Leben vergessen.“