Hagen. .

Der 1. Mai rückt in greifbare Nähe. Ein Tag, an dem der Deutsche Gewerkschaftsbund traditionell seine Forderungen auf Kundgebungen unterstreicht, aber auch die Erfolge der Gewerkschaftsarbeit feiert. Im Mittelpunkt stehen in diesem Jahr die Leiharbeit, prekäre Arbeitsverhältnisse und ungleiche Bezahlung von Arbeitnehmern.

Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung zur atypischen Beschäftigung in Hagen unterstreicht die immer wiederkehrende Kritik des DGB-Kreisvorsitzenden Jochen Marquardt mit Blick auf die Arbeitslosenstatistik. „Die Arbeitslosenzahlen mögen zwar insgesamt rückläufig sein, dafür steigt aber die Zahl der Leiharbeiter und der Minijobs.“ So verdoppelte sich die Zahl der Leiharbeiter in Hagen in der Zeit von 2003 bis 2010. 2 660 Leiharbeitsverhältnisse wurden im vergangenen Jahr registriert. Für die Gewerkschaften erst einmal kein Problem, wäre da nicht die ungerechte Entlohnung. Im Durchschnitt, so Marquardt, verdiene ein Leiharbeiter in Deutschland 1 392 Euro. Ein normaler Arbeiter ohne Ausbildung kommt hingegen auf 2324 Euro, das verarbeitende Gewerbe zahle rund 3 000 Euro brutto. Von gleichen Arbeitsbedingungen bei gleicher Arbeit könne man da nicht mehr sprechen, schon gar nicht, wenn Urlaub oder die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hinzukämen.

Erfahrungen, die auch Ruth Schäfer von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie, kurz IG BCE, in Hagen gemacht hat. „Etwa fünf Prozent unserer Unternehmen in Hagen nutzen die Leiharbeit, und das nicht nur für Spitzen in der Produktion. In der Krise waren die Leiharbeiter natürlich die ersten im Betrieb, die entlassen wurden. „Da hilft es nur, wenn unsere Betriebsräte und Vertrauensleute in den Betrieben den Druck erhöhen und natürlich auch für Solidarität werben“, so Ruth Schäfer. „Die fest angestellten Mitarbeiter müssen verstehen, dass auch die Leiharbeiter dafür sorgen, dass betriebliche Abläufe eingehalten werden. Für gute und gleiche Arbeit, und das ist unsere klare Forderung, muss auch gleiches Geld bezahlt werden,“ ergänzt Jochen Marquardt. So hätten sich 80 Prozent der Bundesbürger für einen Mindestlohn ausgesprochen. Was in England und Frankreich lange erfolgreich eingeführt worden ist, müsse in Deutschland auch möglich sein. Denn ob Leiharbeiter, Minijobber oder die schlecht bezahlte Verkäuferin: 1,4 Millionen Menschen sind Aufstocker. Arbeitnehmer, die von ihrem Verdienst nicht leben können und daher einen staatlichen Zuschuss erhalten.

Gegen Leiharbeit und andere Formen der prekären Beschäftigung zieht die IG Metall seit etwa fünf Jahren ganz massiv in den Betrieben zu Felde. „Das ist nicht ohne Erfolg geblieben“, weiß Werner Voßeler. „Dank der Aufklärungsarbeit haben die Belegschaften mittlerweile durchschaut, dass Leiharbeit in ihren Betrieben ein massiver Angrifft auf die Standards bedeutet. So konnten wir die Leiharbeit in Absprache mit den Firmenchefs in vielen Fällen begrenzen oder zumindest regulieren und die Situation der Leiharbeiter verbessern.“

Trotzdem ergab eine Umfrage unter rund 5 000 Betriebsratsvorsitzenden im vergangenen Februar: Die Leiharbeit bleibt auch nach acht Monaten Aufschwung auf hohem Niveau. Nur 32 Prozent der Betriebe verzichten auf Leiharbeit (siehe Infobox).