Hagen. .
Die Hagener Kriminalstatistik für das Jahr 2010 ist da. Fazit: Die Sicherheitslage in der Stadt ist stabil. Es gibt insgesamt weniger Straftaten. Dennoch musste die Polizei mehr Wohnungseinbrüche verzeichen.
Die Zahl der Straftaten in Hagen ist im vergangenen Jahr gesunken. Insgesamt zählte die Polizei 16.258 Delikte, knapp ein Prozent weniger als 2009. Den größten Rückgang verzeichneten die Diebstähle an Kraftfahrzeugen mit 49 Prozent. Dagegen gab es eine Steigerung von 61,4 Prozent (+202 Fälle) bei den Wohnungseinbrüchen.
„Bei Betrachtung aller Zahlen haben wir 2010 aber dennoch wieder ein über Jahre konstant gutes Ergebnis erreicht“, erklärte Polizeipräsidentin Ursula Steinhauer bei der Vorstellung der Kriminalstatistik in der Pressekonferenz am Dienstag und versicherte den Bürgerinnen und Bürgern: „Hagen ist eine sichere Stadt!“
Das belegt auch die so genannte Häufigkeitszahl, die Auskunft darüber gibt, wie viele Straftaten auf 100.000 Einwohner kommen. Sie liegt bereits seit vier Jahren auf dem gleichen Niveau. „Die Gefahr, in Hagen Opfer einer Straftat zu werden, ist weiterhin gering“, sagte Steinhauer. „Gleichwohl ist jedes Kriminalitätsopfer eines zu viel“.
Gute Aufklärungsquote - wieder über dem Landesdurchschnitt „Bei einem nur geringfügigen Rückgang der Aufklärungsquote um 1,06 Prozent auf 56,86 Prozent haben wir auch im letzten Jahr mehr als jede zweite Straftat aufgeklärt. Danach liegen wir mit der Quote einen Prozentpunkt über dem 10-Jahresschnitt und wieder deutlich über dem Landesdurchschnitt von 49,92%“, stellte Ursula Steinhauer mit Zufriedenheit fest. Die Polizei ermittelte 7.012 Tatverdächtige, nur 0,7 Prozent (Land: -0,3%) weniger als 2009. Zur Tatzeit standen 964 von ihnen unter Einfluss alkoholischer Getränke, 234 davon waren unter 21 Jahre alt.
Opferzahlen
2.803 Menschen wurden im Jahr 2010 Opfer einer Straftat. Dies sind 12 mehr als ein Jahr zuvor (2009: 2.791). Nach wie vor waren mehr Männer als Frauen (1610 bzw. 1193) betroffen. Von der Gruppe der unter 21Jährigen wurden insgesamt 952 (531 männl. / 421 weibl.) als Opfer erfasst.„In früheren Zeiten wurde viel über die soziale Situation eines Straftäters gesprochen und dabei das körperliche Leid und die seelische Not seines Opfers vernachlässigt“, beklagte die Polizeipräsidentin. „Der Staat hat jedoch eine besondere Verpflichtung gegenüber den Opfern von Straftätern. Opferschutz ist deshalb auch ein Schwerpunkt der Hagener Polizeiarbeit“.
Ausgewählte Deliktsgruppen
Straftaten gegen das Leben In Hagen kam es 2010 zu drei versuchten und vier vollendeten Tötungsdelikten. Alle konnten aufgeklärt werden.
Beispielhaft sei ein Fall aus dem Januar 2010 angeführt, bei dem eine 24-jährige aus Nigeria stammende Prostituierte in ihrem Zimmer in einem Hagener Bordellbetrieb tot aufgefunden wurde. Die Ermittlungen gestalteten sich zunächst sehr problembehaftet. Täterhinweise lagen nicht vor, Zeugenaussagen waren unergiebig oder sogar widersprüchlich. Die Identität des Opfers war unbekannt. Der aufgefundene Pass gehörte einer anderen Person. Schließlich konnte ermittelt werden, dass das Opfer aus dem Bereich des östlichen Ruhrgebiets stammte und auch dort schon der Prostitution nachgegangen war.
Ermittlungen im Umfeld der Toten gestalteten sich sehr schwierig, da sich die Frau illegal in Deutschland aufgehalten hatte. Die Kontaktpersonen hatten kein Interesse, bei der Polizei Angaben zu machen, da sie teilweise den illegalen Aufenthalt ermöglicht hatten. Auch telefonische Ermittlungen bei den Angehörigen des Opfers in Nigeria waren sehr schwierig. Dort behauptete man, die Tote nicht zu kennen. Eine am Tatort gesicherte und beim Landeskriminalamt NRW untersuchte DNA-Spur führte schließlich zu einem in Lüdenscheid wohnenden Libanesen. Er gab zu, am Tattage im Bordell gewesen zu sein und mit der Frau einen Streit bezüglich des Dirnenlohnes gehabt zu haben. Das Opfer soll bei seinem Weggang aber noch gelebt haben.
Prostituierten-Mörder zu lebenslanger Haft verurteilt
Mittlerweile ist er vom Landgericht Hagen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Noch im Laufe der Gerichtsverhandlung wurde durch zwischenzeitlich durchgeführte DNA-Untersuchungen von Tatortspuren festgestellt, dass derselbe Täter im Herbst 2009 in einem Bordell in Dortmund eine Prostituierte auf gleiche Art und Weise angegangen war. Die Frau hat die Tat vermutlich nur deshalb überlebt, weil der Täter davon ausging, dass sie nach seinem Angriff bereits tot war. „Unsere Ermittler gehen davon aus, dass beide Taten aufgrund der oben geschilderten Probleme ohne eine brauch- und auswertbare DNA-Spur kaum zu klären gewesen wären“, erklärte Kriminaldirektor Helgo Borgmann. „Das zeigt, wie wichtig eine intensive und saubere Spurensuche und -sicherung an den Tatorten ist“.
Durch die heutige fortgeschrittene Wissenschaft haben z.B. sichergestellte Finger- / DNA- oder Faserspuren eine immer größer werdende Bedeutung bei der Aufklärung von Straftaten gewonnen. Es ist immer wieder zu lesen, dass bisher ungeklärte Taten auch aus längst vergangenen Tagen nachträglich zu klären waren. Weniger Gewaltdelikte, aber das Niveau ist noch zu hoch. „Der Rückgang der Gewaltkriminalität um mehr als fünf Prozent (Land: -2,73%) ist unser niedrigster Wert seit 2004“, erklärte Helgo Borgmann nicht ohne Stolz. Zwar gab es vor zehn Jahren 184 Gewaltdelikte weniger als 2010 (665 Taten), mit einem Anteil von rund vier Prozent (Land: 3,54%) an der Gesamtkriminalität bleiben Gewaltstraftaten in Hagen aber auch heute weiterhin die Ausnahme.
Gewalttäter haben kaum eine Chance zu entkommen, denn drei von vier Gewaltstraftaten werden aufgeklärt. Einen Rückgang haben wir auch insgesamt bei der gefährlichen und schweren Körperverletzung um minus 1,51% erzielen können. „Sorge bereiten uns dennoch die in der Öffentlichkeit - häufig unter Alkoholeinfluss - begangenen gefährlichen und schweren Körperverletzungen. Diese sind in den letzten zehn Jahren kontinuierlich auf 280 Taten angestiegen“, verhehlte der Kriminaldirektor nicht.
Jugendkriminalität und Alkohol stehen in einem engen Zusammenhang
Erstmalig ist es im Jahr 2010 gelungen, den Prozentanteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahre ( 2091) an der Anzahl der Gesamttatverdächtigen (7012) auf unter 30 Prozent, nämlich auf 29,8 Prozent zu senken. Auch zukünftig werden sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Polizeipräsidiums Hagen darum kümmern, dass junge Menschen möglichst nicht kriminell werden. „Präventionsarbeit für Kinder und Jugendliche mit dem Ziel, dass Menschen weder Täter noch Opfer werden, wird eine Kernaufgabe der Polizei in Hagen bleiben“, erklärte Ursula Steinhauer.
Jugendkriminalität und Alkohol stehen offenbar in einem engen Zusammenhang. Jeder vierte Tatverdächtige unter 21 Jahren (234) hat seine Tat unter Alkoholeinfluss begangen. Bei der Begehung von gefährlichen Körperverletzungen in der Öffentlichkeit ist der Anteil junger Tatverdächtiger, die bei der Tatbegehung unter Alkoholeinfluss standen, mit 39 Prozent besonders hoch. Mehr Diebstähle, Vermögens- und Fälschungsdelikte konstant Massendelikte wie Diebstahl und Betrug schlagen in der Kriminalstatistik viel häufiger zu Buche als z. B. Raub, Mord und Totschlag, stehen aber deutlich weniger im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Polizeilich gesehen machen sie allerdings einen Großteil der täglichen Arbeit aus. Allein 37,4 % aller Delikte sind dem Diebstahl, 19,64% den Vermögens- und Fälschungsdelikten (Betrug „Schwarzfahren, Unterschlagung) zuzuordnen. (Land: Diebstahl 44,28%; Betrug 14,82 %)
Sorge bereitet die gestiegene Zahl von Wohnungseinbrüchen
Sorge bereiten die deutlich gestiegenen Zahlen von Wohnungseinbrüchen im Jahre 2010. Hier hat es Steigerungswerte von 202 Fällen bzw. 61,4% (Land: +9%) gegeben. Die noch bis 2009 (329 Fälle) geltende, seit 2007 (295 Fälle) anhaltend gute Fallzahlenentwicklung beim Polizeipräsidium Hagen hat sich seit dem vergangenen Jahr explosionsartig verändert. Neben örtlichen Tätern, die überwiegend mit der erlangten und versetzten Beute ihre Drogensucht bzw. ihren Lebensunterhalt finanzieren, trieben immer mehr offensichtlich überregional agierende professionelle Täterbanden in Hagen, aber auch in anderen NRW-Städten, ihr Unwesen. Aus dieser Erkenntnis heraus wurde daher von der Kriminalpolizei ein Konzept zur Bekämpfung und Verhinderung von Wohnungseinbrüchen entwickelt. „Für uns steht fest, dass es die gesamte Polizei Hagen gemeinsam mit verstärkten Kontrollen, Zivilstreifen und intensiver Präventionsarbeit schaffen kann, eine Kehrtwende in Bezug auf die gestiegenen Fallzahlen und die zurückgegangene Aufklärungsquote zu erreichen“, ist die Behördenleiterin überzeugt.
Sicher ist, dass die Polizei aber auch weiterhin auf die Mithilfe der Bevölkerung angewiesen ist. Neben verstärkter Ermittlungsarbeit und Streifentätigkeit kommt der technischen Sicherung des Hauses, der Wohnung und dem richtigen Verhalten von Anwohnern eine besondere Bedeutung zu. Alle Hagener Bürgerinnen und Bürger sind aufgefordert mitzuhelfen. „Bitte halten Sie die Augen offen und melden uns zeitnah, wenn Sie in ihrer gewohnten Umgebung verdächtige Wahrnehmungen, wie z.B. fremde, auswärtige Fahrzeuge oder fremde Personen feststellen“, fordert die Polizeipräsidentin.
Aber jeder kann und sollte sich auch selbst schützen. Neben den Informationen durch Fachbetriebe besteht die Möglichkeit, sich kostenlos beim Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz, im Polizeipräsidium Hagen, Hoheleye 3, 58093 Hagen, Tel. 02331/986-1530 über Wohnungssicherungsmöglichkeiten beraten zu lassen. Der Appell der Polizei: „Warten Sie nicht, bis es zu spät ist“.
Internet wird immer häufiger zum Tatwerkzeug
Mit 3193 Delikten, auf dem Niveau von 2009, fallen auch die Vermögens- und Fälschungsdelikte insgesamt ins statistische Gewicht. Auffällig ist die Nutzung des Internets zur Begehung der Straftaten.Hier ist eine Steigerung von 11 Prozent zu verzeichnen. Dieses Medium wird immer häufiger zum Tatwerkzeug, weil Betrügereien bequem von zu Hause aus eingeleitet und vollzogen werden können. Zu dem besonderen Kriminalitätsphänomen „Skimming“, Ausspähen von Kontodaten und PIN-Nummern, ist ein weiteres, das „Cash Trapping“, hinzugekommen. Beim Cash Trapping werden nicht, wie etwa beim Skimming, der Kartenleser und das Tastenfeld von Geldautomaten manipuliert. Beim Cash Trapping wird das Geld bei der Ausgabe mit einem Vorsatzgerät mit Klebestreifen aufgehalten, ohne dass der Verbraucher etwas davon merkt.
Die Polizei Hagen rät den Bürgerinnen und Bürgern, sich vor Nutzung den Geldautomaten genau anzuschauen, auf verdächtige Personen zu achten und, insbesondere bei Auffälligkeiten, die Servicetelefonnummer der Bank und/oder die Polizei anzurufen. Der Automat sollte solange im Auge behalten werden, bis Hilfe kommt. Denn der Täter wartet nur darauf, unbeobachtet an die Daten bzw. das Bargeld zu kommen.
Fazi
„Hagen ist nach wie vor eine sichere Stadt“, resümierte die Polizeipräsidentin. „Die Problemfelder sind erkannt. Die Polizei Hagen wird sich auch zukünftig verstärkt um die Bekämpfung und Verhinderung von Wohnungseinbrüchen, Gewaltdelikten sowie um die Kriminalität im Zusammenhang mit modernen Informations- und Kommunikationsmitteln kümmern, ohne die anderen Kriminalitätsfelder außer Acht zu lassen.“