Emst.

Ganz hinten stehen zwei Sonnenstühle, blau-weiß gestreift. Für die Schülerinnen und Schüler, die besonders schnell im Raumwechseln sind. Die haben dann ein paar Minuten Zeit, sich in die Stühle zu fläzen. Bis der Rest der Klasse eintrudelt. Die Emster Realschüler sind stets in Bewegung - von einem Unterrichtsraum in den anderen. Die Lehrer dagegen bleiben (meistens), wo sie sind. In ihrem Klassenraum.

Arno Gall hat die Gitarre in der Hand. Die steht neben Keyboard und anderen Instrumenten in einer Ecke. Dauerhaft. An der Wand stehen zwei Schränke mit Unterrichtsmaterialien. Gall fühlt sich erleichtert - um kiloweise Papier und Bücher, um das Geschleppe der Gitarre. Er kann in Ruhe Tafelbilder vorbereiten, die Stunde kann zügig beginnen. Geräte wie Beamer oder CD-Spieler sind vor Ort und müssen nicht erst zeitaufwändig geholt werden. Außerdem sind die Klassen deutlich sauberer.

„Die Lernqualität ist dadurch insgesamt gestiegen“, resümiert Gall. „Ich möchte an keiner Schule mehr unterrichten, die das Lehrerraumprinzip nicht hat.“ Positiver kann ein Werturteil kaum ausfallen. Gall gibt neben Musik- auch Religionsunterricht, von der 5. bis zur 10. Klasse. „Ich war so eine Art Wanderprediger. Jetzt habe ich eine Kanzel, von der ich predigen kann.“ Gall grinst. Seit 18 Jahren arbeitet er als Lehrer an der Realschule. „Das war die beste Veränderung überhaupt.“

Ausschlaggebend dafür war die Frage, wie man die Belastung der Schüler durch schwere Tornister verringern kann. „Das Thema Schülerschränke haben wir schnell verworfen“, erinnert sich Schulleiter Dieter Prepens an die Diskussion vor drei Jahren. Sie schwenkten auf das Lehrerraumprinzip um, veränderten den Organisationsablauf. „Die Hälfte der Bücher kann damit im Klassenraum bleiben.“ Der Stundenplan enthält heute mehr Doppelstunden als früher, so dass nicht allzu viel Unruhe durch 510 umherwandernde Schüler entsteht. Ein ganz besonderer Pluspunkt: „Die Räume sind nie ohne Aufsicht. Dadurch ist die Verschmutzung zurückgegangen.“

Der Musikraum jedenfalls wirkt aufgeräumt, die Wände sind mit Postern behängt. Die 5c, in der Arno Gall gerade das Schlagzeug erklärt, fühlt sich hier gut aufgehoben und findet’s nicht so schlimm, keinen eigenen Klassenraum zu haben. Safia meint: „Ich finde es richtig gut, sich zwischen den Stunden zu bewegen.“ Veronique und Magdalena nicken zustimmend. Nicht überraschend, das Mädeltrio gibt Sport als Lieblingsfach an. Das störte Gamse und ihre Freundin Ezgi am Anfang. „Aber dann haben wir uns daran gewöhnt.“

So wie die 31 Lehrerinnen und Lehrer. Das Konzept galt zunächst auf Probe, seit Sommer 2008. Vor einem Dreivierteljahr nun haben sie’s verbrieft. Die Schulkonferenz hat das Prädikat „tauglich“ für das Konzept vergeben. Ein kleiner Wermutstropfen: Es sind nicht aus reichend Räume vorhanden, manche der 31 Lehrer müssen sich einen Raum teilen. Nicht alle profitieren von dem festen Zimmer. Die Fachlehrer bleiben weiterhin auf Tour, denn Sport, Physik oder Informatik werden nun mal in Fachräumen unterrichtet.