Haspe.

Am Christian-Rohlfs-Gymnasium wird seit zehn Jahren bilingualer Unterricht angeboten. Dabei pauken die Schüler Englischvokabeln für Erdkunde, Politik und Geschichte.

Die Köpfe stecken zusammen, in mehreren Kleingruppen wird angeregt diskutiert, Zwischenrufe fliegen durch den Klassenraum - alles passiert auf Deutsch. Warum nicht Englisch? „Weil’s einfacher ist“, grinst Philipp aus der Klasse 9b des Christian-Rohlfs-Gymnasiums entschuldigend. Aber es hilft ihnen eh nicht. In ein paar Minuten werden einzelne Schüler vorn an der Tafel stehen und ihre Analysen aus der Zeit der Weimarer Republik vortragen (müssen). Auf Englisch. Denn das kleine B der 9 steht für Bilingual. Die B’ler lernen mehr Englisch als in den Parallelklassen, haben Erdkunde (ab Klasse 7), Politik (ab Klasse 8) und Geschichte (ab Klasse 9) in der Fremdsprache. Philipp und sein Banknachbar Felix schalten um ins Englische, schreiben sich ein paar Vokabeln auf.

Die vermeintlich fremde Sprache sickert ins Sprachzentrum ein

Carolin referiert über ein Wahlplakat des sogenannten Völkischen Blocks. Das Wort für Durchsetzungsvermögen, self-assertion, geht ihr flüssig über die Lippen, fällt ihr ein Wort nicht ein, umschreibt sie es. „Da liegt eine der sprachlichen Stärken, die sich die Schüler des bilingualen Zweigs erarbeiten“, nickt Philipp Söhnchen, Lehrer für Englisch und Geschichte anerkennend. Ein gutes Zeichen ist auch: „Manchmal fallen mir nur englische Phrasen ein, wenn ich einen Text für Deutsch schreibe“, erzählt Philipp. So soll’s sein, die vermeintlich fremde Sprache sickert ins Sprachzentrum ein.

Mit einer von drei Klassen startet das Hasper Gymnasium seit 2001 mit bilingualem Unterricht. Zu einem Zeitpunkt, als Schulen sich ausdifferenzierten, ihr eigenes Profil schärfen sollten, initiierten die CRG-Lehrer Axel Knaup und Klaus Ehlers Englisch intensiv ab Klasse 5. Es kam so gut an, dass nicht alle Anmeldungen angenommen werden konnten. Im Verlaufe der Schuljahre springen jedoch erfahrungsgemäß Schüler ab.

In der Anfangszeit viel aus dem Netz heruntergeladen

Die Welt ist sich zwar einig, dass Englisch wichtig ist, aber Unterrichtsmaterialien aus deutschen Schulbuchverlagen gab’s nicht. Dafür das Internet. „Wir haben damals viel aus dem Netz heruntergeladen“, erinnert sich Ehlers. „Damals“ ist bereits zehn Jahre her, aber auch Fachlehrer Philipp Söhnchen übersetzt seine Klausuren oftmals selbst. „Insbesondere für die Oberstufe mangelt es an Unterlagen.“ Söhnchen hat den Leistungskurs Englisch der jetzigen 13. Darin sitzen Schüler aus dem bilingualen Zweig neben welchen aus dem nicht-bilingualen. „Man merkt“, bilanziert Söhnchen, „dass die sprachlichen Grundlagen in der Unter- und Mittelstufe gelegt wurden.“

„Wir haben einen größeren Vokabelschatz“, sagt Laura ohne Überheblichkeit. Wenn man viel von Englisch umgeben ist, bleibt halt viel hängen. Laura und Lara machen dieses Jahr Abi, sie sind der zweite Durchlauf der - schulintern so genannten - „Bilis“. Seit der 5 sitzen die beiden Grundschulfreundinnen zusammen in vielen Stunden Englisch. „Wir mussten immer viel reden. Manchmal war’s schon kompliziert, in Politik zum Beispiel. Aber dafür kann man Redewendungen, die man in den Stunden gelernt hat, auf andere Fächer übertragen.“ Als Entschädigung durften sie Filme im Original gucken. Auf die Mädels hat’s gewirkt. Laura möchte Medizin studieren und einen amerikanischen Abschluss machen. Lara setzt auf Psychologie als Studienfach: „Da gibt’s viel Fachliteratur auf Englisch.“ Das wünschen sich Lehrer auch.