Hagen.

In den vergangenen Monaten haben sich in Hagen acht Frauen aus vier Nationen ausbilden lassen, um in Fällen von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen aus ihrem Kulturkreis helfend und beratend zur Seite zu stehen.

Der Nachbar ruft die Polizei. Bei Familie G. gibt’s Zoff. Mal wieder, das geht schon seit Jahren so. Jetzt nehmen die Beamten eine Strafanzeige gegen Mehmet G. auf. Er hat seine Frau mehrfach ins Gesicht geschlagen. Es ist gerötet und geschwollen, eine Augenbraue ist aufgeplatzt.

Hülya G. spricht nur gebrochen Deutsch. Mann und Schwiegermutter haben verhindert, dass sie außerhalb der Wohnung Kontakte zu ihrem Umfeld hat. Lediglich die Kinder (5, 3 und 1) durfte sie zum Kindergarten bringen. Außer der Großfamilie ihres Mannes hat Hülya G. keine Verwandte. Die Polizei möchte Hülya G. und die Kinder ins Frauenhaus bringen. Die Töchter gibt Mehmet G. her, nur sein Sohn dürfe nicht mit. Und jetzt?

Acht Frauen aus vier Nationen im Projekt

Familie G. ist ebenso frei erfunden wie die geschilderte Situation. „Aber es ist eine realistisches Beispiel für das, was passieren kann“, sagt Cornelia Bücken von der Frauenberatungsstelle Hagen. An dem Beispiel haben sich - neben Job und Familie - in den vergangenen drei Monaten acht Frauen aus vier Nationen ,abgearbeitet’. Sie haben sich qualifiziert, in ihren jeweiligen ethnischen Umfeldern Frauen wie Hülya G. zu helfen - sie zu beraten, an Beratungsstellen zu vermitteln und zu unterstützen. Ihnen Mut zu machen bei Fragen wie: Wovon soll ich leben? Was wird mit den Kindern? Was können Polizei, Justiz und Ärzte für mich tun? „Die Frauen sind in ihren Communities besser verankert, haben gleiche kulturelle Werte. Da haben wir nicht so einen guten Zugang“, bekennt Cornelia Bücken.

Netzwerk ergriff die Intitiative

Es ist das erste Projekt dieser Art in Hagen. Immerhin stammen 31 Prozent der Frauen, die sich bei der Frauenberatungsstelle Hilfe holen, aus anderen Ländern. Im landesweiten Vergleich ein hoher Anteil. „Migrantinnen werden in der Antigewaltarbeit kaum erreicht, zumal Gewalt gegen Frauen häufig kulturell beziehungsweise religiös legitimiert ist“, urteilt Bücken. Gemeinsam mit anderen Institutionen wie Frauenhaus, Jugendamt, Gleichstellungsstelle, Polizei, Opferschutz sitzt die Frauenberatungsstelle am Runden Tisch gegen häusliche Gewalt. Vom dem Netzwerk ging die Initiative für die Schulung aus. Fit gemacht haben die Frauen Linda Müller-Kuna von der Frauenberatungsstelle und Franz-Josef Franke von der Zuwanderungsberatung plus Vertreter des Runden Tisches.

Von den acht Frauen gab’s positive Resonanz. Sie können fortan ihr Wissen weitergeben und andere stärken. Einmal monatlich treffen sie sich zum Stammtisch und Erfahrungsaustausch. Den ersten Einsatz hat es schon gegeben: Die Freundin einer Multiplikatorin will sich trennen und sucht Rat. Den wird sie bekommen.