Hagen.

Zuerst ist es nur ein Spiel, eine Flucht aus der Welt, dann holt die Realität sie ein: Die Premiere von Holger Schobers Jugendstück „Clyde und Bonnie“ am Samstagabend im Lutz Hagen erzählt eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die kein gutes Ende findet.

Zwei angekettete Stühle und ein großer Kubus mit transparenten Vorhängen bestimmen das Zentrum der Bühne. Mitten drin Bonnie, die Hände zur Waffe geformt, zielt sie ins Publikum. Rücken an Rücken steht sie mit Clyde, gehetzt, angespannt und schreit: „Und wie sieht’s aus?“ „Nicht gut“, antwortet Clyde. „Was genau meinst Du, wenn Du sagst, ‚nicht gut’?“ Nicht gut, das heißt in Clyde und Bonnies Fall ein Leben am Rande der Gesellschaft zu führen.

Bonnie hat ihre Friseurlehre abgebrochen, Clyde findet keinen Job und ist aggressiv. Beide schwimmen im Nirgendwo, schleppen sich zu Psychiatern und sehen keine Perspektive in ihrem Leben – bis sie einander begegnen. Authentisch und rührend mimen Jenna Schulz und Arne Obermeyer das Liebespaar. Sie wirken vertraut, innig und verspielt. Erfrischend: Immer wieder sind romantische Szenen durch Situationskomik und freche Sprüche unterbrochen, so dass dabei typischer melodramatischer Kitsch gar nicht erst entstehen kann. Fast bekommt man den Eindruck, es handele sich um ein normales verliebtes junges Paar.

Seelenleben auf der Bühne

Wären da nicht die von Gewalt und Verlust geprägte Kindheit und die harte, geld- und joblose Realität. In Rückblenden und Monologen breiten die beiden ihr Seelenleben auf der Bühne aus, erzählen vom Tod der Mutter, dem Missbrauch des Vaters und der Abgestumpftheit und Unfähigkeit zu weinen. Mit Handkameras projizieren sie Teile ihres Gesichts auf den Kubus oder ihre nervös knetenden Hände: Tief sitzende Hoffnungslosigkeit auf Leinwand gebannt. In ihren Spielen imitieren sie nicht nur das berühmte Gangster-Paar Bonnie und Clyde aus den 30er Jahren, auch andere Filmhelden helfen ihnen, ihre ausweglose Situation zu vergessen.

Trotz des Witzes und der rasanten, zuweilen urkomischen Schlagabtausche der Schauspieler, schwingt die Ernsthaftigkeit und Aktualität der dargestellten Lebensumstände immer mit. Schließlich schlägt die Realität mit aller Wucht zu. Das Spiel wird plötzlich ernst: Clyde und Bonnie planen den großen Coup. Es geht nicht gut, obwohl man es diesem sympathischen Paar gegönnt hätte. Bonnie stirbt. Eine Alternative zur Kriminalität als Ausweg zeigt das Stück nicht auf, doch aber einen Hoffnungsschimmer, als Clyde nach dem Verlust seiner Liebsten eine neue Bekanntschaft schließt.

„Eine große schauspielerische Leistung,“ lobt Heinz-Georg Vormann im Anschluss. „Ich bin fasziniert vom Tempo des Textes,“ ergänzt Monika Hermes. Eine Meinung, die auch das restliche Publikum teilt, wie tosender Applaus beweist.

Der Einsendeschluss für den Handyfilm-Wettbewerb „Die große Liebe – wie weit geht Ihr dafür?“ ist am Dienstag, 8. März. Weitere Vorstellungen: 25.1., 27.1., 2.2., 8.2, 9.2., 24.2., 25.2., 29.3., 31.3.