Hagen. .

Der Zivi, der im AWo-Seniorenzentrum in Helfe den alten Menschen vorliest oder die gebrechliche Dame im Rollstuhl an die frische Luft schiebt - der ist fast Geschichte. Die Hagener Wohlfahrtsverbände müssen bald ohne Zivildienstleistende auskommen. Eine Zukunft wird es nicht ohne Einschnitte geben. Nur mit Freiwilligen gibt es sie überhaupt.

Durch das Aussetzen der Wehrpflicht stehen die Wohlfahrtsverbände vor einem Riesen-Problem. Denn auch der Ersatzdienst ist damit zum 1. Juli 2011 vorläufig abgeschafft. Anfang Februar fängt der letzte Zivi bei der Arbeiterwohlfahrt Hagen-Märkischer Kreis an - dann ist Schluss, dann laufen die Verträge nach und nach aus. Noch werden die zehn jungen Männer in den Altenheimen in Hagen und Umgebung eingesetzt. „Sie machen mit den Senioren Erledigungen, gehen mit ihnen raus, helfen bei der Essensausgabe“, sagt der stellvertretende AWo-Geschäftsführer Uwe Feldhaus. „Es wird jetzt schwieriger für uns.“

„Keiner weiß genau, wie es ab Juli weitergeht.“

Längst sind AWo, DRK und Co mitten drin im schwierigen Umbruch. Weil auch beim Hagener Caritas-Verband noch unklar ist, wie der Wegfall der Zivi-Stellen aufgefangen werden soll, will man sich dort erst gar nicht äußern. Zumal sich auch noch nicht mit der von der Bundesregierung angedachten Form eines Bundesfreiwilligendienstes verbindlich planen lässt. Zu vieles ist hier noch schwammig und ungewiss.

Jürgen Hecht, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbandes, ist da entspannter. Sein Konzept liegt fertig in der Schublade. Allerdings bedauert er die Abschaffung des Zivildienstes sehr. „Wir werden nun die ambitionierten jungen Männer nicht mehr gewinnen für soziale Aufgaben“, sagt Hecht. „Jetzt weiß keiner genau, wie es ab Juli weitergeht. Ohne Zivis steht der Rettungsdienst der Wohlfahrtsverbände auf der Kippe.“

Wie wichtig für das DRK seine zehn Zivis sind, zeigt allein der Service „Essen auf Rädern“. Bis zu 450 Essen am Tag bereiten die jungen Männer vor. Sie packen die Mahlzeiten ab, fahren eigenständig Routen und übernehmen am Wochenende ganze Schichten. „Das lässt sich nicht mal eben ausgleichen“, sagt Hecht, betont aber: „Wir stellen Essen auf Rädern auf gar keinen Fall ein, wie fälschlicherweise schon geschrieben wurde.“

Freiwilliges Soziales Jahr wird deutlich teurer für die Verbände

Kompensiert werden sollen die Tätigkeiten der Zivis in erster Linie über das Angebot eines freiwilligen sozialen Praktikums beim DRK, das vernünftig honoriert werden soll. „Das wollen wir jungen Leuten nach ihrer Schulzeit für drei bis sechs Monate anbieten“, skizziert Hecht seine Idee. „So können sie die Übergangszeit zwischen Schule und Ausbildung oder Studium finanzieren.“ An das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ), das bislang im kleineren Umfang auch beim DRK angeboten wird, glaubt Hecht indes nicht. „Das wird deutlich teurer für die Verbände.“

Bei den Johannitern hat man allerdings sehr gute Erfahrungen mit den FSJlern gemacht. Dort fährt man schon länger zweigleisig. Sieben Zivis stehen in der Region Ruhr-Lippe 32 FSJler gegenüber. „Viele junge Menschen sind in einer Warteposition und entscheiden sich für das FSJ“, sagt Agnes Krause, zuständig für die Kommunikation. „Das ist unser Glück.“

Auch die AWo will die Werbetrommel für das Freiwillige Soziale Jahr rühren. „Das FSJ ist noch nicht so bekannt und in den Köpfen der jungen Menschen“, bedauert Uwe Feldhaus. Das muss sich nun schlagartig ändern. Vielleicht liest dann im Sommer schon ein FSJler im Seniorenzentrum Helfe vor.