Hagen.
Ironie des Ortes: Auf der Tagesordnung des Unterbezirksparteitag, zu dem sich die SPD am Wochenende im Saal der Mark-E an der Rehstraße traf, stand der Antrag aus Wehringhausen, Enervie statt auf der Haßleyer Insel an der Rehstraße anzusiedeln. Der Ortsverein wurde von den Ereignissen überholt. Am Donnerstag hatte der Rat bekanntermaßen mehrheitlich den Umzug des Energieversorgers auf die grüne Wiese favorisiert. Der Antrag geriet zur Randnotiz.
Zum Stein des Anstoßes indes entwickelte sich Leitantrag zur Haushaltssanierung der Stadt, den der Unterbezirksvorstand um den Hagener SPD-Vorsitzenden, Jürgen Brand, eingereicht hatte. Zu unkonkret befand die Antragskommission - die Empfehlung: zurück an Antragsteller. Damit brach der Damm zur Diskussion zwischen einzelnen SPD-Lagern darum, dass sich die Genossen nicht nur in Allgemeinplätzen zum Sparen ergehen sollten. Während Brand die Konkretisierung Richtung Ratsfraktion verschieben wollte, erhitzte sich Landtagsabgeordneter (MdL) Wolfgang Jörg: „Die Leute erwarten von einer Volkspartei, dass sie den Kurs angibt. Das tut dieser Antrag nicht.“
In die selbe Kerbe schlug Wilfried Kramps, Ex-MdL: „Wir wollen die Stadt gestalten, ohne zu sagen wie“, stellt sich Kramps heute in die Bütt. Unterstützung bekam er von SPD-Mann Martin Schlegel: „Hagen geht nicht kaputt, wenn wir sparen.“
Am Ende der einstündigen Debatte wurde die Suppe nicht so heiß gegessen, wie sie hochgekocht war. Ein Teil des Antrags - sozialverträglich zu sparen, trotzdem Infrastruktur anzupassen, Ehrenamtlichkeit zu stärken, Privatisierung nicht als Königsweg zu sehen etc. - ging durch. Mit dem Zusatz, zügig konkrete Aussagen, wo gespart werden könne, zu treffen. Mark Krippner, Vorsitzender der SPD-Fraktion, zeigte sich am Ende des Parteitages beruhigt, die Partei hinter sich zu wissen. „Qualität muss vor Schnelligkeit gehen“, sagte er. Vor Mitte Februar rechnet Krippner nicht mit einer endgültigen Entscheidung über das Haushaltssicherungskonzept.
Wo nach Meinung der SPD nicht gespart werden, wurde anhand anderer Anträge deutlich: vor allem nicht im Bildungsbereich und bei Kindern und Jugendlichen (bsp. Kitagebühren, Spielplätze).
Zu Beginn hatte Vorsitzender Jürgen Brand zum Rundumschlag ausgeholt. Mit verbal erhobener Faust wetterte er gegen die Politik aus Berlin, die mehr und mehr das Solidaritätsprinzip aushöhle. Jüngstes Beispiel: die Gesundheitsreform, die zukünftig Arbeitnehmer stärker beim Krankenkassenbeitrag belastet als Arbeitgeber. Die Liste ließe sich fortsetzen, was Brand auch tat. Doch warum in die Ferne schweifen - vor Ort gibt’s für Brand ausreichend zu kritisieren: „Ich wundere mich über den Mann, der als Verwaltungsfachmann in Hagen gehandelt wird.“ Während Kraft und Co auf Landesebene einen guten Job machten, sei der des Oberbürgermeisters (OB) von Hagen von „Bauchlandungen“ und „Peinlichkeiten“ geprägt. „Persönlich ist Jörg Dehm ja nett, aber das reicht nicht.“
Da sind die Azubis, die trotz vorheriger Zusage dann doch nicht eingestellt werden sollten - bis es das Gericht verfügte. Da sind teure externe Gutachten, für die Feuerwehr beispielsweise. Dabei hocke das Expertenwissen im eigenen Verwaltungshause. Da ist der Raucherpilz auf dem Dach des Rathauses, der trotz knapper Kasse für 15 000 Euro angeschafft wurde. Da ist die Zukunft des Theaters, die Dehm vom Land abhängig macht. Andererseits solle Hagen seine Probleme allein lösen, ohne Land und Bund.
„Ist das Schlichtheit im Denken oder Absicht?“, fragte Brand in den Saal. Ein Alleinstellungsmerkmal allerdings attestierte Brand dem CDU-Mann: „Er ist der erste OB, der nicht mit seiner Familie in Hagen wohnt.“ Die Vorschusslorbeeren sind aufgebraucht. „Dehm hat mitunter schon Akzeptanzschwierigkeiten in der eigenen Partei.“